Inhalt
Aufsätze
K. I J arecki,
H. I Mattheußer,
E. I Petzschmann,
D.I
Becker,
M. I Balfanz,
Schafberg,
R. I Schröder,
o. I Stier, D., Landschaft im Wandel. Untersuchungen im Gewerbegebiet an der A 14 bei Halle I Saale - Queis . . . . . . . . . ..
Biermann,
F., Usedomer Bootsgräber.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
Bolus,
M., Der Übergang vom Mittel- zum Jungpaläolithikum
in Europa. Eine Bestandsaufnahme
unter besonderer Berücksichtigung
Mitteleuropas
. . . . . ..
Gostner,
P./Egarter
Vigl, E./Reinstadler,
U., Der Mann aus dem Eis. Eine
paläoradiologisch-forensische
Studie zehn Jahre nach der Auffindung der Mumie
C. I Hoffmann,
P. I Callmer,
]., ProdukMatthes,
Ch. I Heck, M. I Theune,
tionsmechanismen
frühmittelalterlicher
Glasperlen . . . . . . . . . . . . ..
SiedSaile, Th. I Po s s e l t, M., Zur magnetischen Erkundung einer altneolithischen
lung bei Gladebeck (Ldkr. Northeim). Ein "maitre d'ceuvre qualitie " im Moringer
Becken? Mit einem Beitrag von C. Lorz, H. Thiemeyer, Th. Saile und R. Dambeck
177
159
1
83
109
55
Kleine Mitteilungen
Donderer,
M., Zur Interpretation
des Weißenburger Schatzfundes
. . . . . . .
Kerth,
K./Müller-Depreux,
A., Die tierischen Nahrungsressourcen
der späthallstatt- I frühlatenezeitlichen
Siedlung "Erdwerk I" bei Niedererlbach
(Lkr. Landshut, Niederbayern).
Ergebnisse der Grabungen 1987-1994
. .
Wetzei,
G., Zum Schatzregal in der Bundesrepublik
Deutschland.
. . . . . . . ..
235
219
247
Besprechungen und Anzeigen
BIERMANN,F. (Hrsg.), Pennigsberg - Untersuchungen zu der slawischen Burg bei Mittenwalde und zum Siedlungswesen des 7.I 8. bis 12. Jahrhunderts
am Teltow und im
Berliner Raum (K. Kirsch)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
BRANDT,K. I MÜLLER-WILLE, M./RADTKE, CH. (Hrsg.), Haithabu und die frühe Stadtentwicklung im nördlichen Europa (B. Här d h ) . . . . . . . . . . . . . . . ..
EFE, T. (Ed.), The Salvage Excavations at Orman Fidanhgi. A Chalcolithic Site in Inland Northwestern
Anatolia (N. Efstratiou)
. . . . . . . . . . . . . . . . ..
EFFROS,B., Caring for Body and Soul. Burial and the Afterlife in the Merovingian World
(J. Hines)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
ETTEL, P., Karlburg - Roßtal- Oberammerthal.
Studien zum frühmittelalterlichen
Burgenbau in Nordbayern (H.-w. Heine)
FISCHER, TH. (Hrsg.), Die römischen Provinzen. Eine Einführung in ihre Archäologie
(A. Faber)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
GOMEZ DE SOTO,]., Le Bronze moyen en Occident (G. Gallay)
. . . . . . . . . ..
323
320
275
303
311
292
280
HEIDE, B., Das ältere Neolithikum im westlichen Kraichgau (A. Zeeb-Lanz)
. . ..
bei Philia (ThesKILIAN-DIRLMEIER, 1., Kleinfunde aus dem Athena Itonia-Heiligtum
salien) (H. Baitinger)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
KIRSCH, A., Antike Lampen im Landesmuseum Mainz (B. Liesen)
. . . . . . . . ..
MEIER, TH., Die Archäologie des mittelalterlichen
Königsgrabes im christlichen Europa (u. M ü 11er) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
PEREA, A. (Ed.), EI tesoro visigodo de Guarrazar (Ch. Eger) . . . . . . . . . . . ..
PININGRE, J.-F. (Dir.), Necropoles
et societe au premier äge du fer: le tumulus de
Courtesoult (Haute-Saöne) (G. Ga11ay) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
RAETZEL-FABIAN, D., Kelten, Römer und Germanen.
Eisenzeit
in Nordhessen
(M. Seidel).
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
RAHTZ, PH. IHIRST, S. IWRIGHT, S. M., Cannington Cemetery. Excavations 1962-3 of
prehistoric, Roman, post-Roman,
and later features at Cannington Park Quarry,
near Bridgwater, Somerset (M. Struck)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
SALANOVA,L., La question du Campaniforme en France et dans les iles anglo-normandes
(G. Gallay)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
STREET,M., Plaidter Hummerich - An early Weichselian Middle Palaeolithic site in the
Central Rhineland, Germany (e. Pasda) . . . . . . . . . . . . .
Hinweise für Publikationen der Römisch-Germanischen
Kommission . . . . . . . ..
Die mit den Initialen gekennzeichneten
Abstracts und Resumes wurden von
Carola Murray-Seegert
(C. M.-S.) und Sylvie Boulud (S. B.) übersetzt.
270
285
296
316
305
282
288
299
278
267
329
Produktionsmechanismen
frühmittelalterlicher
Glasperlen
Von Christian
Matthes, Martin Heck, Claudia Theune, Peter Hoffmann
Johan Callmer
und
Schlagwörter:
Europa/ 5.-8. Jahrhundert n. ehr. / Glasperlen/ Glashandwerk/
Glasuntersuchungen/
Kontinuitätsfragen
/ Organisationsformen
und Modelte
Keywords: Europe / 5th_8th centuries A. D. / glassbeads / glass-manufacture
/ research es of glass /
questions of continuity / organisation and models
Mots-cles: Europe / 5'-8' s. ap.J-c. / perles de verre / rnetier de vitier / etudes sur le verre / questions
de conttnuite / modes d'organisation et mode/es
Einleitung
Kulturelle und gesellschaftliche Entwicklungen am Übergang von der Spätantike zum
Mittelalter sind zentrale Themen der gegenwärtigen archäologischen Forschung. Dies
schließt Überlegungen zu Kontinuität und Diskontinuität mit ein. Gerade handwerksgeschichtliche Untersuchungen bergen ein großes Potential für die Erkennung von Traditionen oder Brüchen in der technologischen Entwicklung komplexer Gesellschaften.
Spezialisierte Handwerkszweige
wie die Glasbearbeitung, Buntmetall- oder Eisenverarbeitung können besonders wichtige Hinweise geben, ob alte Technologietraditionen
fortgeführt wurden bzw. ob Veränderungen oder Innovationen in der Technologieentwicklung stattfanden. Die Aussagekraft der archäologischen Quellen ist aber differenziert zu betrachten. Noch in der Spätantike existierte ein vielfältiges Handwerk mit
verschiedenen Ausprägungen. Es muß zwischen spezialisierten Handwerksberufen,
wo
profunde Kenntnisse über eine längere Zeit erworben wurden, und einfachem Haushandwerk, welches in den Alltag einbezogen war, unterschieden werden. Durch interdisziplinäre Forschungen können nicht nur die äußerlich faßbaren Kriterien für Typologie und Chronologie sowie offensichtliche Merkmale der Produktion erkannt werden,
sondern es kann auch die chemische Zusammensetzung
der Objekte analysiert werden, wodurch möglicherweise Produktionsverfahren
erschließbar sind. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt zu "Herstellungstechniken und Herstellungswerkstätten
von
frühmittelalterlichen
Glasperlen aufgrund ihrer farbgebenden Komponenten und Mineralien" befaßte sich mit solchen Analysen.
Für diese Fragestellung sollte eine archäologische Fundgruppe herangezogen werden, die in ihrer Quantität und Qualität Aussagen zu den genannten Aspekten erwarten läßt. Dafür sind Glasperlen besonders geeignet, weil sie regelhaft in großen Mengen
in frühmittelalterlichen Frauengräbern des merowingischen Reihengräberkreises auftreten
(SAssE/THEuNE 1997). Sie unterliegen kaum zeitlichen oder regionalen Beschränkungen und sind außerdem im Gegensatz zu Edelmetallfunden nicht an bestimmte soziale
Gruppen gebunden. Perlenproduktion,
Verarbeitung und Verteilung waren wohl gut
organisiert. Glashandwerk und Perlenproduktion
gehören zum spezialisierten HandGERMANIA82,
2004
110
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann / Callmer
werk, das profunde Kenntnisse über die Rohstoffe und die Mischungsverhältnisse
von
Rohglas und Farbpigmenten voraussetzte. Für die Herstellung komplexer Perlen wie
Millefiori- oder Reticellaperlen waren mehrere Personen gleichzeitig notwendig.
Den handwerklichen und technischen Aspekten der merowingerzeitlichen
Perlen
wurde lange Zeit wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Das Interesse galt in erster Linie
der Typologisierung und der zeitlichen Gliederung (SASSE/THEUNE 1996; 1997). Die
Rohglasherstellung und Glasverarbeitung sind zwar für die römische Antike und das
hohe Mittelalter recht gut erforscht, doch die Verhältnisse in der dazwischenliegenden
Periode, der Völkerwanderungszeit
und dem Frühmittelalter, blieben bislang weitgehend ungeklärt. Dies liegt sicherlich daran, daß die archäologischen Hinweise zur Glasoder Perlenproduktion
sehr gering sind. Erst in den letzten Jahren erbrachten einige
Grabungen Hinweise: Tiegelmaterial mit anhaftendem gelben Glas wurde in Maastricht
(SABLEROLLES
I HENDERSONI DIJKMAN 1997), Wijnaldum (SABLEROLLES1999) und
Rijnsburg (EBD. 268 Anm.137) in den Niederlanden, Dunmisk in Irland (HENDERSON
2002; Hö1988; 1993) und Schleitheim in der Schweiz (HECK/REHREN/HoFFMANN
NEISEN1999) aus Abfallgruben oder Siedlungsschichten geborgen.
Als Stichprobe für die Analysen wurden Fundorte entlang des Rheins als alte NordSüd-Verbindungslinie ausgesucht. Perlen der Gräberfelder aus Schleitheim (Schweiz),
Endingen, Eichstetten, Griesheim, Groß Gerau, Saffig, Miesenheim und Krefeld-Gellep
(Abb.l) wurden beprobt.
Die gemeinsam von geistes- und naturwissenschaftlicher
Seite untersuchten Fragestellungen bezogen sich in erster Linie auf die farb gebenden Komponenten bei gelben,
braunen (rotbraunen), weißen, grünen (grünblauen) und orangefarbenen Perlen, auf die
chemische Zusammensetzung der Glasmatrix (BICHLMEIER1997; HOFFMANNU.A. 1999),
auf die verwendeten Rohstoffe bzw. auf die Deutung der unterschiedlichen chemischen
Zusammensetzungen
der Perlen (HECK 2000; siehe auch CALLMERu. A. 1997; HOFFMANNU.A. 2000). Von archäologischer Seite wurde außerdem eine Chronologie der
Perlen im Rhein-Main- und Mittelrheingebiet
erarbeitet (MATTHES 1998) und in Bezug zu den Chronologien Südwestdeutschlands
(SASSE/THEUNE 1996) und des Niederrheingebiets gesetzt (SIEGMUND1998). Die aus der Literatur bekannten Hinweise
zu Glasherstellung und Weiterverarbeitung
während der römischen Kaiserzeit, der
Völkerwanderungszeit
und des Früh- und Hochmittelalters
wurden analysiert und
ein Klassifikationssystem
zur Glasproduktion
und -verarbeitung erstellt (GÖTZEN
1999). Weiterhin wurden Untersuchungen
zur chronologischen und regionalen Verbreitung von bestimmten Farben und Perlentypen vorgenommen.
Die Entwicklung
der Farben in den Perlenketten
bis zur Merowingerzeit
von der Kaiserzeit
Für eine Farbuntersuchung
von Perlen in der römischen Kaiserzeit wurden zwei bedeutende Gräberfelder aus Nordostdeutschland
herangezogen. Aus Pritzier sind heute
1732 Urnen der Zeit vom 3. Jahrhundert bis zur Mitte des 5. Jahrhundert bekannt
(SCHULDT1955). Perdöhl erbrachte 625 Bestattungen, die vom 4. Jahrhundert bis zur
Mitte des 5. Jahrhunderts in den Boden gelangten (SCHULDT 1976). Blaue und gelbe
Produktionsmechanismen
frühmittelalterlicher
Glasperlen
111
Abb.l. Fundplätze der beprobten Perlen. KG = Krefeld-Gellep, SG = Saffig,MH = Miesenheim, GG = Groß
Gerau, GH = Griesheim, EN = Endingen, ES = Eichstetten, SH Schleitheim. - M. 1: 4 000 000.
Perlen stellen mit jeweils etwa einem Viertel aller Exemplare die Mehrheit; es folgen
rote bis braune Farbtöne, Grün und Weiß. Zum Vergleich wurden die provinzialrömischen Gräberfelder Kaiseraugst (Mitte 4. Jahrhundert bis Ende 7. Jahrhundert)
(MARTIN 1976/1991) und Krefeld-Gellep (3. Jahrhundert bis Ende 7. Jahrhundert)
(PIRLING 1966; 1974; 1979) herangezogen. Blau und Grün gehörten hier zu den bevorzugten Farben. Zwischen beiden Kulturgebieten, dem germanischen Nordosten und
dem provinzialrömischen
Westen, herrschen also deutliche Unterschiede in der Farbzusammensetzung
der Perlenketten. Die beiden provinzialrömischen
Fundplätze zeigen zwar Differenzen, die auf unterschiedliche Vorlieben der Bevölkerung am Oberbzw. Niederrhein hindeuten, aber auch ein Indiz für verschiedene Bezugsquellen sein
können. So ist der Anteil blauer Perlen in Krefeld-Gellep höher als jener der grünen,
während in Kaiseraugst die Verhältnisse umgekehrt sind. Gelbe Perlen fehlen in Kaiseraugst fast gänzlich, am nördlichen Vergleichsfundort halten sie einen Anteil von 7,5 %.
Mit Beginn der Merowingerzeit wurden in Krefeld-Gellep die Farben Rot und Gelb
immer wichtiger, während man die in provinzialrömischer
Zeit dominierenden blauen
Perlen seltener in die Ketten integrierte. Grundsätzlich wurden die Ketten individuell
zusammengestellt, wie durch die hohe Durchmischung verschiedener Perlentypen und
GERMANIA82,
2004
112
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann / Callmer
die lange Laufzeit einzelner Perlentypen deutlich wird. Dennoch verändert sich ihre
farbliehe Zusammensetzung im Laufe der Zeit. Grundlage dieser Untersuchung waren
die Gräberfelder von Endingen (THEUNE-GROSSKOPF 1989), Weingarten (THEUNEVOGT 1990), Griesheim (MATTHES 1998), Saffig (MELZER 1993) sowie Sammeluntersuchungen zu Dörverden und Liebenau (SIEGMANN1999) und dem Niederrheingebiet
(SIEGMUND1995; 1998).
Während der Kaiser- und Völkerwanderungszeit
ist eine unterschiedliche Perlenausstattung in Gräbern des provinzialrömischen
Gebiets und des Barbaricums festzustellen. In der Völkerwanderungszeit
findet auch auf römischem Gebiet eine Angleichung statt, wie die Ketten des Gräberfelds von Krefeld-Gellep zeigen. Der Verlauf
der Farbanteile monochromer Perlen der Merowingerzeit ist in den Gräberfeldern nicht
gänzlich synchron. Die unterschiedliche geographische Lage der Siedlungen dürfte zu
einer abweichenden Erreichbarkeit von Produktionskreisen
oder Verteilungssystemen
geführt haben. Gelbe Perlen sind immer dominant. Dennoch ist bei dieser Gruppe ein
regionaler Unterschied zwischen dem niederrheinisch-sächsischen
und den hoch- bis
mittelrheinischen Gebieten festzustellen.
In Südwestdeutschland
treten in der frühen Merowingerzeit gelbe Perlen gemeinsam mit braunen Perlen und Überfangperlen auf; andere Farben sind selten. Seit der
2. Hälfte des 6. Jahrhunderts und in der 1. Hälfte des 7. Jahrhunderts sind die Ketten
sehr bunt, Gelb und Braun (Rotbraun) herrschen bei monochromen und polychromen
Perlen vor, daneben sind weiße und auch grüne bis grünblaue Perlen vertreten. Im Gegensatz zum Norden nimmt die Bedeutung der gelben Perlen im Süden ab der Mitte
des 7. Jahrhunderts zu, zumal seit der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts wieder deutlich weniger Farben (Gelb, Braun, Olivgrün) vorkommen. Im Süden sind weiße Perlen wesentlich seltener als im Norden, wo sie weiterhin zahlreich mit einem Anteil von über
10% vertreten sind. Orangefarbene Perlen sind erst ab der jüngeren Merowingerzeit in
nennenswerter Anzahl vorhanden; in Saffig sind sie jedoch unbedeutend. Grüne und
blaugrüne Perlen nehmen überall bis zur Mitte des 7. Jahrhunderts tendenziell zu. Der
Prozentsatz bläulicher Perlen ist sehr variabel. Schwarze Perlen finden sich hauptsächlich in Gräbern der älteren Merowingerzeit. In den schon in der Völkerwanderungszeit
beginnenden Nekropolen des Nordens ist ihr Anteil am Ende der Völkerwanderungszeit und zu Beginn der Merowingerzeit mit 40-60 % bedeutsam.
Chronologische
Untersuchungen
zu merowingerzeitlichen
Perlen
Auf der Basis der schon durch Seriation erzielten Ergebnisse für Südwestdeutschland
(THEUNE-VOGT 1990; SASSE/THEUNE 1996) und für das Niederrheingebiet (SIEGMUND
1995, Taf. 5-6; DERS. 1998, 57ff. Taf. 1-2) wurde auch für das am nördlichen Oberrhein liegende Griesheim (MATTHES1998), das Mittelrheingebiet und die Region Pellenz (siehe auch AMENT 1976; NEuFFER-MüLLERI AMENT 1973) eine chronologische
Analyse der Perlen erstellt. Weniger die Einzeltypen als vielmehr die Kombinationen
der Perlen sind von Bedeutung. Zur Ergänzung wurden bei der Datierung die Beifunde
herangezogen. Die Terminologie richtet sich nach AMENT 1977 und ROTH/THEuNE
1988 (Tabelle 1).
Produktionsmechanismen
Absolutchronologische
Daten
frühmittelalterlicher
113
Glasperlen
AMENT1977
ROTH/THEUNE 1988
AMI
AMI
AMI
AM II
AM II
AMIII
AM III
JM I
JM II
JM III
JM III
SWIA
SWIB
SWIC
SWIID
SWIIE
SW III F
SW III G
SWIVH
SW IV I
SWVJ
SWVK
450-470
470-480/90
480/90-520/30
520/30-550
550-570
570-590
590-610
600/10-630/40
630/40-670/80
670/80-690
690-720
Tabelle 1. Synchronisierung der Chronologien von AMENT1977 und ROTH/THEuNE 1988.
Bei der Seriation waren in erster Linie die gleichen Perlentypen von Bedeutung, die
schon als Leitformen für Südwestdeutschland herausgearbeitet wurden (SASSE/THEUNE
1996). Hinzu kamen einige neue Typen: große dunkle kurz-tonnenfärmige
Perlen mit
Mittelzier (Streifen, Zickzack- oder Wellenmuster, z. T. kombiniert), große gelbe rundliche flache Perlen, Schlierenperlen, transluzid-grüne mit Zickzackmuster und z. T. Randstreifen, kleine tonnenfärmige gelbe Perlen, gelbe Kurzzylinder-, weiße tonnenfärmige
Zweisegment-, gelbe tonnenfärmige Mehrsegmentperlen, spiralfärmige "Turitella" -Perlen und Perlmuttscheiben. Die regionalen Perlenkombinationsgruppen
bilden bei gemeinsamer Seriation in der graphischen Darstellung Cluster (Abb. 2). Diese beinhalten
Zweiter
Eigenvektor
4
.SW-A
3
2
•
•
••
PE-A1
GH-D2
GH-D1
•
• PE-F
PE-A2
SW-B1
.SW-B2
• sw-c
-3
Erster
Eigenvektor
-2
/
/-1
•
•
GH-B2
•
• PE-B
•
GH-A2
GH-A1
• PE-C
SW-D2
•
-1
• PE-E
PE-D
GH-B1
•
•
• SW-G
• GH-C
1
SW-F1
•
SW-E2
•
SW-E1
.SW-D1
-2
Abb.2. Zweidimensionale Darstellung der Eigenvektoren der Perlenkombinationsgruppen
(GH), der Pellenz (PE) und Südwestdeutschland (SW).
GERMANIA 82, 2004
SW-F2
1
aus Griesheim
114
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann / Callmer
unterschiedliche Perlenkombinationsgruppen mit ähnlichem Typeninventar. Es wurden hier die Perlenkombinationsgruppen vom Ober- bis zum Mittelrhein zusammengefaßt. Man wird trotz geringer lokaler Abweichungen eine Gleichzeitigkeit annehmen
können. Die Cluster sollen als "Perlenkombinationsgruppen Rhein (PKG Rh)" bezeichnet werden. Im folgenden werden die chronologischen Ergebnisse in einer Kombinationstabelle der Perlentypen und regionalen Perlenkombinationsgruppen (Tabelle 2) sowie in einer parabelförmigen Eigenvektordarstellung der Perlentypen veranschaulicht
(Abb. 3). Die Kombinationstabelle ergibt sich dabei aus den o. g. Parabeldarstellungen.
In der PKG Rh-l sind nur Perlen aus der südwestdeutschen Perlenkombinationsgruppe Al (PKG SW Al) vertreten. Es sind drei Typen aus der Rheinischen Typengruppe 1: Große melonenförmige und große zylindrische Perlen mit Spirale (gerade
bzw. gekämmt). Diese Gruppe wird in die Phase SW I A und B datiert (SASSE/THEUNE
1996, 216ff.; ROTH/THEUNE
1988).
Die PKG Rh-2 setzt sich aus den Südwestdeutschen Perlenkombinationsgruppen
(PKG SW-) Bl, B2 und C und aus den Pellenzer Perlenkombinationsgruppen (PKG
Pe-) Al und A2 zusammen. Die PKG SW-Bl und B2 werden mit der Phase SW I C in
Südwestdeutschland, die PKG SW-C mit der Phase SW II D und E gleichgesetzt. Die
Pellenzer PKG Pe-Al ist an den Übergang von der Phase Rübenach Al zu A2 (AM
Ibl AM II) anzusetzen. Die PKG Pe-A2 besitzt ihren Schwerpunkt in der Rübenacher
Phase A2, läuft aber in geringem Umfang bis zur Rübenacher Phase B2 weiter. Somit
ist sie in der Stufe AM II typisch, läuft aber auch in AM III weiter. Die PKG Rh-2
datiert von SW I C bis SW II D,E bzw. AM Ib bis AM II, in der Pellenz möglicherweise bis AM III. Das Typenspektrum setzt sich aus der Rheinischen Typengruppe
(PKG Rh-) 1 und 2 zusammen. Neben den oben genannten Typen kommen zur ersten
Typengruppe noch kleine schwarze rundliche Perlen, Überfangperlen, große transluzide
kurz-tonnenförmige (scheibenförmige Perlen), kleine rundliche Bernsteinperlen und
große kurz-tonnenförmige Perlen mit Zickzackmuster, Wellen, Streifen o. ä. In der
Typengruppe 2 sind folgende Formen vertreten: Reticellaperlen, kleine rundliche braune
bis rotbraune Perlen, Millefioriperlen und mittelgroße Melonenperlen. Gelbe scheibenförmige Perlen als letzte Vertreterinnen dieser Gruppe treten erst in der nächsten Perlenkombinationsgruppe auf.
Die PKG Rh-3 setzt sich aus der PKG Pe-B und C, der PKG SW-Dl sowie der
Griesheimer Perlenkombinationsgruppen PKG Gh-Al und A2 zusammen. Die PKG
Pe-B beinhaltet die Rübenacher Phasen A2 bis B2, wobei das Hauptgewicht auf Bl
und B2liegt (AM II bis AM III). Die PKG Pe-C läuft vom Ende der Rübenacher Phase A2 bis B3 (Ende AM II bis JM I). Die PKG SW-Dl wird mit der südwestdeutschen
Phase SW III Fund G parallelisiert. Die Rheinische Perlenkombinationsgruppe Rh-3
beginnt in SW II D,E bzw. AM II, sie hat ihren Schwerpunkt aber in SW III F,G bzw.
AM III, in der Pellenz läuft sie möglicherweise noch in JM I hinein. Die Verteilung
zwischen beiden wird leicht verschoben sein. Das Typenspektrum der Rheinischen
Tabelle 2. Kombinationstabelle merowingerzeitlicher Perlentypen und regionaler Perlenkombinationsgruppen am Rhein. GH
= Griesheim, PE = Pellenz, SW = Südwestdeutschland. -.
:r:
c-
;::::: ;:::
Perlenkombinationsgruppe
Ober-
dunkle
bis Mittelrhein
Grundfarbe
mit Splittern
Perlmuttscheibchen
schraubenförmig
gewundene
kleine längliche
grüne
•
Perle
Segmentperle
drei Punkte
monochrom
mandelförmig
(verschiedene
Farben)
monochromer
Doppelkonus
(verschiedene
Farben)
Quader
•
•
•
•
•
mit 8 Eck- u. 4 Mittelpunkten
Augenperle
mindestens
orangene
4 Mittelpunkte
Tonne oder Doppelkonus
eng kreuzende
Doppelwelle
4
(Dm. < 10 mm)
klein, melonenförmig
•
•
gelbe Segmentperle
monochromer
Kurzzylinder
(verschiedene
Mittelpunkte
Farben)
und Randlinien
weiße Zweisegmentperle
monochromer
Zylinder
rotbraune
(verschiedene
Farben)
•
•
Perle, Spirale und Welle
(weiß / blaugrün-transluzid)
monochromer
Langzylinder
Amethyst
Tonne
kleiner
Tonne
mit Spirale
mit andersfarbigen
Schlieren
Zylinder,
gekämmte
kleiner
Zylinder
Spirale
Zylinder,
mit linear angeordneten
Kurzzylinder,
•
Spirale
Punkten
klein, gelb
•
klein, gelb, rundlich
Streifenmillefiori
weit kreuzende
Zylinder,
transluzid
perle
•
•
Doppelwelle
grün mit gelbem Zickzack
(und Randstreifen)
kreuzende
Doppelwelle
•
•
und Innenpunkte
gezogene
Schlierenperle
groß, flach, gelb
mittelgroß,
(Dm. = 10-13 mm)
melonenförmig
Millefioriperle
klein, rundlich,
rotbraun
2
•
Reticellaperle
groß, Zickzack
(z. T. mehrfach,
großer
Zylinder,
großer
Bernstein
gekämmte
Spirale
Zylinder,
Spirale
groß transluzid
Überfangperle
klein, rund, schwarz
groß, melonenförmig
regionale
(Dm. ~ 14 mm)
Perlenkombinationsgruppe
GERMANIA 82, 2004
• •
z. T. mit Linien)
klein, rundlich,
•
•
•
•
•
•
••
•
• ••
•
• ••
• •••
•
••••
••
•
• •••
••• ••
• • ••
••••
• ••
•
•
•
•
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• • • • •
• • •••••
•
• • •••••
•
•• • •••••••
• ••••••••••
•• • •••••••
• ••• • • •
•
• •••••••
•••••••
•
• • • • • • • ••
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• •••••
• •
•••••••
• ••
•••
• ••••
•
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• • • ••
•• • •
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•• •
• •••••
• • • •• ••
• •
••
•• •
• • •
• •
••• •
• ••
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••
••••
• ••
••••••••••
• ••
••••••••
•
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• • •
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• • •• •
•••
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• • •
• • ••
• ••
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• ••
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• ••
• ••••••••
•
• • • • •••
• • • • • ••
••
• • •• ••
• •
• •
• •• •
••
•
• ••
•
•
• •
• •
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
116
Matthes! Heck! Theune! Hoffmann ! Callmer
Typengruppe 1 dünnt in der PKG Rh-3 aus, die Typengruppe 2 (s.o.) ist voll vertreten. Neu sind Perlen der Typengruppe 3: Schlierenperlen, Perlen mit zwei sich kreuzenden Wellen und innen liegenden Punkten, grüne transluzide zylindrische Perlen mit
Zickzackmuster und teilweise Randstreifen, Perlen mit weiten sich kreuzenden Wellen, Streifenmillefioriperlen, kleine rundliche gelbe Perlen, gelbe Kurzzylinder-, Langzylinderperlen mit Punkten, kleine Spiralen (gerade und gezogen), grünlichblaue tonnenfärmige Perlen mit rotbraunen Schlieren und tonnenfärmige Perlen mit Spirale.
In der PKG Rh-4 sind die südwestdeutschen Perlenkombinationsgruppen D2, Ei
und E2 vertreten, die der Stufe SW III Fund G bzw. SW IV H und I zugeordnet werden. Die Pellenz ist nur mit der PKG Pe-D vertreten, die der Rübenacher Phase B3/
Anfang C (JM I/ Anfang JM II) anzuschließen ist. Zwischen der PKG SW-D2 und
PKG Pe-D liegt die PKG Gh-Bl, zwischen der PKG SW-El und E2 die PKG Gh-B2.
Die PKG Rh-4 teilt sich somit in einen älteren Bereich, der die Stufen SW III (IV) bzw.
AM III und JM I beinhaltet, und einen jüngeren Bereich, der die Stufen SW IV H,I
bzw. JM I und JM II umfaßt. Jedem dieser beiden Bereiche ist eine Griesheimer Perlenkombinationsgruppe zugeordnet. In der PKG Rh-4 sind Perlen aus allen Rheinischen
Typengruppen vertreten. Aus der Typengruppe 1 kommen meistens nur jüngere Formen vor. Die Typengruppe 2 ist im älteren Bereich der PKG Rh-4 komplett vertreten,
im jüngeren Bereich kommen nur einige Exemplare vor. Perlen der Typengruppe 3 sind
vollständig vorhanden. Neu treten hier Amethyste und Langzylinder unterschiedlicher
Farbe auf. Neu sind ferner Perlen der Typengruppe 4: Braune (rotbraune) Perlen mit
gelber oder weißer Spirale und meist blaugrüner Welle oder Doppelwelle, zylindrische
Perlen in unterschiedlichen Farben (Blau bis Grün, Weiß, Braun [Rotbraun], Gelb),
weiße meist langgestreckte tonnenfärmige bis zylindrische Zweisegmentperlen, Zylinder mit Mittelpunkten und Randstreifen, Kurzzylinder unterschiedlicher Farbe, gelbe
Mehrsegmentperlen, kleine melonenfärmige Perlen, Perlen mit enger sich kreuzender
Doppelwelle, gräßere orangefarbene tonnenfärmige bis doppelkonische Perlen, Perlen
mit vier oder mehreren kleinen Punkten in der Mitte, Augenperlen, Quader mit 12
Punkten, doppelkonische Perlen unterschiedlicher Farbe, mandelfärmige Perlen, rundliche Perlen mit drei gelben Punkten und grüne Mehrsegmentperlen. Aus der Typengruppe 5 kommen spiralfärmige "Turitella"-Perlen und Perlmuttscheiben hinzu.
Die Rheinische Perlenkombinationsgruppe PKG Rh-5 enthält die Perlenkombinationsgruppen E und F aus der Pellenz. Die PKG Rh-5 beginnt in der Rübenacher
Phase B3 (Ende JM I) und besitzt ihren Schwerpunkt in der Phase C (JM II). Die südwestdeutschen Perlenkombinationsgruppen SW-Fl und SW-F2 sind mit den Phasen
SW IV H und I zu parallelisieren. Als jüngere Phase tritt noch die PKG SW-G auf, die
in die Phase SW V J und K datiert wird. Griesheim ist durch die PKG Gh-C und Dl
bzw. D2 repräsentiert. Erstgenannte steht zwischen den südwestdeutschen Perlenkombinationsgruppen Fl und F2. Die beiden letztgenannten stehen hinter der PKG
SW-G und bilden das Ende der Seriation. In der PKG Rh-5 sind also Perlen aus der
ganzen jüngeren Merowingerzeit vertreten. Es ließ sich jedoch wie bei der PKG Rh-4
ein jüngerer und ein älterer Bereich über Beifunde trennen. Der ältere Bereich enthält
Perlen der Typengruppe 3, 4 und 5; der jüngere nur Perlen aus den Typengruppen 4
und 5.
3
I:
~
---------- --
AMIa
2
ma
~
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~-
JM I-JM H
----.
AM Ib-AM
-3
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J
1
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•
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JMI
tlU])
-2
Abb, 3, Zweidimensionale Darstellung der Eigenvektoren der Perlen im Ober- und Mittelrheingebiet. V = Forrntyp, verschiedenfarbig.
2
118
Matthes / Heck/ Theune / Hoffmann
/ Callmer
Glasherstellung
Glas ist aus physikalisch-chemischer
Sicht ein anorganisches Schmelzprodukt, das beim
Abkühlen erstarrt ohne zu kristallisieren (SCHOLZE1988,3; VOGEL 1992,26 ff.). Es kann
natürlich vorkommen - bekanntestes Beispiel ist der Obsidian - und wird seit der Bronzezeit auch künstlich produziert. Zur Herstellung von Rohglas ist Siliziumdioxid (Sand)
als Glasnetzwerkbildner
notwendig. Mit den Netzwerkwandlern
Natrium- und Bleioxid kann die Herstellungstemperatur
gesenkt werden. Calciumoxid aus einer Kalkzugabe oder als Bestandteil von Sanden stabilisiert das Glas vor chemischen Angriffen.
In einem mehrstufigen Prozeß, dem eigentlichen Glasherstellungsprozeß,
der mehrere
Tage andauern kann, wird das Rohglas erzeugt. Während reiner Quarz (Si02) bei ca.
Soda1700 C schmilzt, ist für die Herstellung der antiken bzw. frühmittelalterlichen
Kalk -Gläser eine Temperatur von 1000-1100 C ausreichend. Während der Merowingerzeit wurde das Glas mit Metalloxiden eingefärbt (HECK 2000). Insofern ist die Glaseinfärbung ein weiterer Schritt während der Glasverarbeitung. Aus dem fertigen Rohglas
lassen sich dann Perlen oder andere Gegenstände (Hohlglas) anfertigen. Hierfür genügen schon deutlich niedrigere Temperaturen. Glas ist ab 625 C biegsam und läßt sich
zwischen 700-9000 C gut weiterverarbeiten.
Die Endprodukte
gelangten bei unterschiedlichen Voraussetzungen in ein Verteilungssystem (Abb. 4).
0
0
0
Herstellung:
Rohstoffe
Netzwerkbildner
Siliziumdioxid
(Sand)
Netzwerkwandler
Calziumoxid, Natriumoxid, Bleioxid
(Kalk, Soda, Bleioxid)
T Aufheizprozeß
Fritte
T Schmelzprozeß
Rohglas
Einfärbung:
T
Rohglas
Metalloxide
gefärbtes Glas
Verarbeitung:
T
Perlen
T
Verteilung:
Verteilungssystem
Abb.4. Prozesse der Perlenproduktion
von der Herstellung
bis zur Verteilung.
Die direkten archäologischen Nachweise für Glasproduktion bzw. Glasverarbeitung
sind nicht sehr umfangreich. Doch erlaubt das bislang publizierte Material eine Klassifikation in Abhängigkeit zum Produktionsschritt
(BEZBORODOV1975; GÖTZEN 1999;
siehe auch SEIBEL 1998). Folgende Fundgruppen können den Glasherstellungs- und
-verarbeitungsprozeß
belegen: Öfen, Schmelztiegel, Werkzeuge, Rohstoffe, Schlacken,
Fritte, Rohglas, sekundär benutzter Glasrohstoff, Herstellungsreste, Halbfabrikate, Fehlprodukte und Endprodukte. Das archäologische Inventar der Glasproduktionsstätten
läßt die Rekonstruktion zweier Werkstattypen zu (Tabelle 3):
Produktionsmechanismen
frühmittelalterlicher
119
Glasperlen
Typ A: integrierte Hütte
Typ B: rohglasverarbeitende
Hütte
Herstellung von Glas, Halbfabrikaten und Endprodukten aus den Ausgangsstoffen
Gebäude und andere überdachte Konstruktionen
Verarbeitung von Glas aus Werkstätten des Typs A
zu Halbfabrikaten und Endprodukten
Gebäude oder andere überdachte Konstruktionen
Öfen, in denen hohe Temperaturen erreicht werden
konnten
Schmelztiegel
Öfen oder Herde einfacher Art
Tiegel
Rohstoffe
Rohglas
Werkzeuge
Werkzeuge
Schlacken (als Abfallprodukt der ersten Schmelzstufe)
Fritte (als Endprodukt der ersten Schmelzstufe)
sekundär benutzter GJasrohstoff (Altglas oder mißratene Objekte zum Wiedereinschmelzen)
sekundär benutzter Glasrohstoff
Herstellungsreste im Zustand der Glasschmelze
Herstellungsreste im Zustand der Glasschmelze
Halbfabrikate
Halbfabrikate
Fehlprodukte
Fehlprodukte
Endprodukte
Endprodukte
Tabelle 3. Mögliche Fundkaregorien integrierter und rohglasverarbeitender Hütten.
In der Aufstellung sind alle Fundkategorien angeführt, die in den Werkstätten möglich sind. Die meisten Kategorien treten in beiden Werkstattypen auf. Rohstoffe und
Fritte dagegen sind charakteristisch für integrierte Hütten. Werkstattvarianten
beider
Typen können abhängig von der Fundüberlieferung
auch weniger Funde hinterlassen.
Die erarbeiteten Klassifizierungskriterien
wurden modellhaft auf verschiedene Befunde
und Funde antiker und mittelalterliche Perioden angewendet und kartiert (Abb. 5). Für
jeden Werkstattyp lassen sich theoretisch verschiedene weitere Varianten unterscheiden:
Römische Kaiserzeit (1.-4. Jahrhundert)
1. integrierte Hütten
Import vo.n Soda
Import oder Bezug von lokal anstehenden eisenarmen Sanden, Quarz, Kalkstein
Import oder lokaler Bezug von Altglas
Import oder Produktion von Mosaiksteinen, Halbfabrikaten
Produktion von Hohl- und Flachglas, Glasschmuck nach standardisierten Rezepturen, eventuell Produktion von Halbfabrikaten wie Glaskuchen für Mosaikwerkstätten
Mögliche Nachweise: Köln, Hambacher Forst, Sulzburg, Muralto
2. rohglasverarbeitende
Hütten
Import von Rohglas
Import oder lokaler Bezug von Altglas
Import von Mosaiksteinen, Halbfabrikaten
Produktion von Hohl- und Flachglas, Glasschmuck
Nachweis: Köln, Hambacher Forst, Avenches, Autun, Metz
GERMANIA 82, 2004
120
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann / Callmer
3. Werkstätten, die ausschließlich Halbfabrikate verarbeiten
Glasschmuckwerkstätten:
Trier, Liebfrauenstraße
Mosaikwerkstätten: Trier, Barbarathermen, Augst
Merowingerzeit (Mitte 5. - Mitte 8. Jahrhundert)
1. integrierte Hütten
Import von Soda
Bezug von lokal anstehenden, weniger reinen Sanden und Kalken
Import von Altglas
Produktion von Hohl- und Flachglas nach traditionellen, standardisierten Rezepturen
Nachweis: nicht durch Werkstattfunde belegt
2. rohglasverarbeitende
Hütten
Import von Rohglas
Import von Altglas
Produktion von Hohl- und Flachglas
Nachweis: nicht durch Werkstattfunde
belegt
3. Werkstätten mit ausschließlicher Glasperlenproduktion
Import von Rohglas
Import von Altglas
Import von Halbfabrikaten
Produktion von Glasperlen
Nachweis: Rijnsburg, Wijnaldum, Maastricht, Schleitheim, Dunmisk
Karolingerzeit (Mitte 8. - 9. Jahrhundert)
1. integrierte
Bezug von
Produktion
Nachweis:
Hütten
lokal anstehenden Rohstoffen
von Hohl- und Flachglas
Hochmark bei Kordel, Haithabu (?)
2. rohglasverarbeitende
Hütten
Import von Soda-Kalk-Rohglas
Erwerb von Holzasche- Rohglas auf lokalen Märkten
Import von Altglas
Produktion von Hohl- und Flachglas
Nachweis: Paderborn, Augsburg, Haithabu (?)
3. Werkstätten mit ausschließlicher Glasperlenproduktion
Import von Rohglas
Import von Halbfabrikaten, Mosaiksteinen
Nachweis: Haithabu, Ribe, Ahus, Groß Strömkendorf
Produktionsmechanismen
o
A
o
•••••
1.-4. Jahrhundert
5.-6. Jahrhundert
7.-9. Jahrhundert
Ofennachweis
frühmittelalterlicher
Glasperlen
121
.e>
o
100 km
-==
Abb. 5. Fundorte mit Nachweisen von Glasverarbeitung (Fundortliste siehe Anhang). - M. 1: 10000000.
Es zeigte sich, daß die Herstellung von Glas in der Kaiser- und Karolingerzeit bislang zwar für einige Fundorte in Erwägung gezogen wird (siehe auch WEDEPOHLI
PIRLING/HARTMANN
1997; WEDEPOHL/WINKELMANNI
HARTMANN 1997; GAI 1999),
eindeutige Belege aber noch nicht vorliegen. Ofenbefunde aus der Merowingerzeit fehlen
gänzlich. Für die karolingische Zeit können einige Befunde angeführt werden, Nachweise für die Glasverarbeitung sind besonders aus den Handelsplätzen bekannt geworden. Daher war es Ziel des Forschungsprojektes,
anhand der Glaschemie Aussagen zu
Herstellungstechniken
und -werkstatten zu gewinnen. Fragen nach den Rohstoffen für
das Glas selbst und den bewußt und unbewußt verwendeten Färbungsmitteln standen
im Mittelpunkt. Gleichartige bzw. differierende chemische Zusammensetzungen
wurden in ihrer chronologischen und chorologischen Stellung analysiert, woraus sich Hinweise auf Produktionsart und Verteilungsstruktur
ergaben.
GERMANIA 82, 2004
122
Matthes / Heck / Theu ne / Hoffmann / Callmer
Naturwissenschaftliche
Energiedispersive
Untersuchungsmethoden
Röntgenfluoreszenzanalyse
(EDRFA)
Die Röntgenfluoreszenzanalyse
(RFA) ist die einzige geeignete Methode zur zerstörungsfreien Untersuchung einer großen Anzahl von Perlen. Durch Anregung mit Röntgenquanten wird charakteristische Röntgenstrahlung
in der Probe erzeugt, deren Energie und Intensität die Identifikation und die quantitative Bestimmung der chemischen
Elemente möglich machen (HOFFMANN U. A. 1999). Zwischen Röntgenröhre und Probe wurden ferner Targets gesetzt, um die Strahlung zu polarisieren bzw. um durch
Sekundärmaterialien
die Anregung der charakteristischen Fluoreszenzlinien
der Proben zu optimieren. Da die Oberflächen der Perlen stark gewölbt und durch die Verwitterung oft sehr rauh sind, mußte der Strahlengang des Meßgerätes (X-Lab 2000 Spectro A. 1., Kleve) durch den Einbau einer Blende modifiziert werden. Tabelle 4 zeigt
den hierdurch erzielten Fortschritt im Vergleich von Meßergebnissen mit und ohne den
Einsatz der 2mm-Blende, die an einem kleinen Splitter (ca. 2 x2mm groß, mit unebener Oberfläche) eines Bleiglasstandards erzielt wurden.
Bestandteil
SGT 8
SGT 8
SGT8
zertifiziert
(2 rnrn-Blende)
(ohne Blende)
Na20
0,23
1,00
1,38
MgO
< 0,02
0,54
< 0,01
66,8
0,05
< 0,02
< 0,04
Si02
56,34
57,0
K20
CaO
11,85
11,2
9,55
< 0,02
< 0,03
< 0,007
Al203
Ti02
Fe203
AS203
PbO
0,02
0,01
0,007
0,010
< 0,01
< 0,001
0,32
0,27
0,20
30,59
30,0
21,3
Tabelle 4. Vergleich der am Standard SGT 8 erzielten Ergebnisse mit und ohne Einsatz der Blende
(alle Angaben in Gew. %).
Die entwickelte Methode überzeugte durch ihre hohe Meßgenauigkeit. Da das Material der Perlen jedoch nicht homogen ist, wurde an drei verschiedenen Stellen gemessen und anschließend der Mittelwert errechnet. Ein weiteres Problem war der Verwitterungsgrad der Perlen. Selbst in ihrer Oberflächenstruktur
intakt aussehende Perlen
wiesen eine Verwitterungsschicht
auf. Besonders deutlich wurde dies bei den chemischen Elementen Aluminium und Natrium. Aluminium erfuhr im Randbereich eine
Anreicherung, während Natrium z. T. nicht mehr nachweisbar war (Abb. 6). Zur Unterscheidung der Gläser mußten daher möglichst verwitterungsunabhängige
Komponenten ausgewählt werden.
Produktions
Intensität
(Imp./min)
mechanismen
Verwitterungszone
.
4000
frühmittelalterlicher
.
123
Glasperlen
B
a
.......... Si
·········Al
3000
2000
'\":Yr) ....
1000
....... -: ...".~: .'
Tiefenverteilung
100
Abb. 6. Dünnschliff
200
und Elementkonzentrationen
300
400
500
der Verwitterungszone
Röntgendiffraktometrie
600
(um)
der gelben Perle G H 429/1.
(XRD)
Diese Untersuchungsmethode
wurde zur Identifizierung der kristallinen Phasen und
Farbpigmente in der amorphen Glasmatrix eingesetzt. Glasperlen mit ausreichend großen ebenen Oberflächen konnten auch hier zerstörungsfrei untersucht werden. Bei dieser Untersuchung wurde das Röntgendiffraktometer
D 500 der Firma Siemens verwendet. Das Verfahren beruht darauf, daß ein Röntgenstrahl an der Probe gebeugt und von
einem Detektor registriert wird.
Rasterelektronenmikroskopie
(REM)
Das Rasterelektronenmikroskop
DSM 962 der Firma Zeiss wurde primär für Gefügeuntersuchungen eingesetzt. Dabei werden rückgestreute Elektronen detektiert, die aufgrund ihres Ordnungszahlkontrastes
zu Abbildungen (BSE-Bild) führen. Je höher die
mittlere Ordnungszahl einer Verbindung ist, umso heller erscheint sie im BSE- Bild.
GERMANIA 82, 2004
124
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann / Callmer
Anhand der Morphologie der Farbpigmente im Glas konnten Aussagen zur Herstellungstechnik abgeleitet werden. So kann man unter günstigen Umständen unterscheiden, ob z. B. enthaltene Pigmente in der Glasschmelze kristallisierten oder der Glasschmelze zugesetzt und teilweise von dieser wieder aufgelöst wurden. Letzteres führt
eher zu rundlichen Formen. In der Schmelze auskristallisierte Phasen bilden dagegen
deutliche Strukturen mit scharfen Kanten. Nicht vollständig aufgelöste Rohstoffrelikte
in der Schmelze sind möglicherweise direkt zu identifizierende Rohstoffe. Mit dem verwendeten Gerät ließen sich auch qualitative und quantitative Elementanalysen ab Bor
(Z=5) durchführen. Die REM arbeitet nicht zerstörungsfrei, weshalb nur wenige Bruchstücke von Perlen analysiert werden durften. Bei der Präparation wird die Probe mit
Klebstoff fixiert, in Epoxydharz eingebettet, zersägt, die Schnittoberfläche poliert und
mit einer wenige Nanometer starken Kohlenstoffschicht bedampft.
Elektronenmikrostrahlsonde
(ESMA)
Mit der ESMA SX 50 der Firma Cameca ließen sich eindimensionale (Line-Scans) und
zweidimensionale
Konzentrationsverläufe
(Elementverteilungsbilder)
ermitteln. Die
ESMA wurde insbesondere zur Charakterisierung der Verwitterungsschicht
der Glasperlen eingesetzt. Die Aufnahme erfolgt mit wellenlängendispersiver Röntgendetektion
und Detektoren für rückgestreute Elektronen.
Thermionenmassenspektrometrie
(TIMS)
Die TIMS ermöglicht eine Isotopenanalyse. Gerade die thermische Ionenerzeugung eignet sich besonders für genaue Isotopenhäufigkeitsbestimmungen.
Es sind nur sehr kleine
6
12
Probenmengen (10- -10- g) notwendig, die bei der Analyse verdampft werden. Also
arbeitet auch dieses Verfahren nicht zerstörungsfrei, liefert aber hinsichtlich der Bleiisotopen Anhaltspunkte für die Herkunft des Bleis in den Perlen.
Färbung,
Herstellung
und Verteilung
der merowingerzeitlichen
Perlen
Vorbemerkung
Im Rahmen des Projektes wurden 1493 Glasperlen, darunter 127 weiße, 87 grüne, 100
orangefarbene, 187 braune (rotbraune) und 992 gelbe Perlen, mit der EDRFA gemessen und analysiert (HECK 2000, 33). Ziel dieser Meßreihe war es, die chemische Zusammensetzung, die Konzentrationen der Bestandteile und damit auch die farb gebenden
Komponenten zu ermitteln. Der weitaus größte Teil der Perlen wurde zerstörungsfrei
analysiert, nur in wenigen Fällen wurden andere Methoden angewandt, mit denen z. B.
auch die Verwitterungsschicht
gemessen werden konnte.
Trotz der hohen Anzahl von Messungen müssen die folgenden Aussagen über Verbreitungsgebiete
als Modell betrachtet werden, da nur eine begrenzte Anzahl von
Gräberfeldern entlang des Rheins bearbeitet werden konnte (vgl. Abb.l). Die Gräberfelder Eichstetten und Endingen am Kaiserstuhl wurden ebenso wie Griesheim im Rhein-
Produkrionsmechanismen
frühmittelalterlicher
Glasperlen
125
Main-Gebiet nahezu komplett erfaßt, während aus Schleitheim (Kt. Schaffhausen,
Schweiz), Groß Gerau (Hessen), Saffig, Miesenheim (Rheinland-Pfalz) und aus Krefeld-Gellep (Nordrhein-Westfalen)
nur einzelne Gräber aus verschiedenen Zeitphasen
beprobt wurden. Hinzu kamen wenige Perlen aus Flögeln-Eekhöltjen,
der Feddersen
Wierde und Otterndorf (Niedersachsen). Quantitative Aussagen über die Verteilung
von Perlen sind somit kaum möglich. Aufgrund ihrer Zusammensetzung wurden Glasperlen mit signifikanten Unterscheidungsmerkmalen
zu Clustern zusammengefaßt. So
sagt auch die Größe der Cluster (s. u.) nichts über den Umfang der Produktion dieser
Glasperlen aus. Vielmehr spiegeln sich hier lediglich die Zufälligkeiten in den beprobten
Gräberfeldern wider. Auch kann man aufgrund der Verteilungsdichte nicht direkt auf
hier ansässige Werkstätten schließen. Eine Werkstatt als eine Produktionsgemeinschaft
kann über längere Zeit existiert haben. Sie kann Traditionen verhaftet sein, aber auch
Innovationen aufnehmen, die ihre Ursache in eigenen Erfahrungen oder in Anpassungen aufgrund der Verfügbarkeit des Produktionsmaterials
haben. Feststellbar sind zunächst nur die Produktionsprozesse,
die lokal, regional oder auch überregional Verbreitung gefunden haben. Es ist außerdem mit mobilen Perlenmachern zu rechnen, die
an zentralen Orten und Handelsplätzen tätig waren. Trotzdem zeigen die überregional
ähnlichen Herstellungsmethoden
sowie die gleichartigen Formen, Farben und Verzierungen, daß die Perlenherstellung insgesamt in Austrasien und Neustrien auf einer einheitlichen Grundlage stand.
Das Basisglas
Gefärbtes Glas besteht aus Basisglas (Glasmatrix) und farbgebenden Komponenten. Will
man die Zusammensetzung
des Grundglases bestimmen, müssen die Anteile der farbgebenden Komponenten abgezogen und die verbleibenden Bestandteile (Na-O, MgO,
Alz03,
KzO, CaO sowie mit Einschränkungen MnO und FeZ03) auf 100 Gew. %
normiert werden. Da die beiden letztgenannten Komponenten in der Glasmatrix vorkommen, wurde bei allen Perlen für FeZ03 ein Wert von 1-1,5 Gew. % zur Berechnung angesetzt. Zusätzlich erhöht sich der FezOrGehalt in den Perlen durch Eisenverunreinigungen
der Pigmente um weitere 0,5-1,5 Gew. %.
Als Basisglas konnte ein Soda-Kalk-Glas festgestellt werden (HoFFMANN U.A. 1999,
402ff.; HOFFMANNU.A. 2000). Bei Messungen an verwitterten Perlen waren typischerweise die N azO- Werte systematisch zu niedrig und die AlzOr Werte erhöht. Ein Line-Scan
und Elementverteilungsbilder
mit der Elektronenmikrostrahlsonde
wiesen nach, daß es
sich hierbei eindeutig um eine Verwitterungserscheinung handelte. Bei einzelnen Komponenten traten auch vom Fundplatz abhängige Abweichungen auf: In Schleitheim wurden
erhöhte MgO- und KzO-Konzentrationen,
in Griesheim ebenfalls erhöhte KzO-Konzentrationen, in Endingen, Griesheim und Krefeld-Gellep erhöhte CaO-Werte beobachtet. Bei gelben Perlen sind allgemein hohe Schwankungs breiten bei der Konzentration
von SiOz und Alz03 festzustellen, deren Ursachen weiter unten benannt werden sollen.
Trotz dieser leichten lokalen Abweichungen weist das Basisglas der Perlen große
Übereinstimmung mit der Zusammensetzung antiker römischer Gläser auf. Belegt wird
dies durch eine Meßreihe an Perlen, deren Verwitterungs schicht abgeschliffen wurde
s.o,
GERMANIA 82, 2004
126
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann
/ Callmer
und deren Werte mit Angaben aus der Literatur (Tabelle 5) verglichen wurden (HECK
2000,92; RIEDERER1987; BEZBORODOV1975; GEILMANN1954). Der Anteil des Basisglases am Gesamtanteil variiert dagegen erheblich (Tabelle 6).
ESMA
RFA
Vergleich
n=21
Köln/
Trier
Aquileia
19,3
17,0
Fundort
ES
ES
ES
EN
SH
GH
Grab
197
197
123
80
Sied!.
429
Farbe
weiß
gelb
braun
orange
gelb
gelb
diverse
Na20
18,2±0,8
18,7±0,2
18,7±0,4
17,2±0,2
17,1±0,2
9,1±1,0
16,0±2,3
MgO
1,3±0,2
0,4±0,1
0,3±0,1
0,4±0,3
0,1±0,1
0,1±0,1
0,8±0,3
AI203
2,3±0,1
3,3±0,1
2,8±0,2
3,1±0,2
5,9±0,2
4,5±0,2
1,9±0,8
Si02
66,6±0,4
68,5±0,5
70,1±0,5
67,9±0,5
68,8±0,1
75,3±1,5
67,7±1,9
68,8
68,1
K20
1,2±0,1
0,8±0,1
0,8±0,1
1,1±0,1
0,7±0,1
0,1±0,1
1,1±0,5
0,5
0,5
CaO
9,6±1,1
7,4±0,1
6,2±0,1
8,9±0,1
5,5±0,1
9,7±2,9
9,6±1,6
7,2
7,9
MnO
0,1±0,1
0,8±0,1
0,5±0,1
0,1±0,1
0,1±0,1
0,1±0,1
1,0±0,9
Fe203
0,8±0,1
1,0±0,1
1,1±0,3
1,5±0,1
2,1±0,1
1,3±0,7
1,3±0,4
Tabelle 5. Zusammensetzung
des Basisglases verschiedener von Korrosion befreiter Perlen mit unterschiedlichen Meßmethoden und im Vergleich dazu die Zusammensetzung
antiker Gläser. ES = Eichstetten,
EN = Endingen,
I Gräberfeld
SH = Schleitheim
(Siedlung), G H = Griesheim.
Anteil des Basisglases
weiß
grüo
orange
braun
gelb
SH
78±8 (n= 8)
88±5 (n=7)
75±4 (0 = 8)
72±9 (0=7)
45±11 (0=7)
EN
78±9(n=17)
89±4 (n=13)
74±5 (0 = 11)
79±7 (n=25)
48±10 (n=80)
ES
87±6 (n =37)
88±5 (n=20)
73±6 (0 =36)
86±5 (n =68)
40±14 (n=346)
GH
74±9 (n=25)
77±11 (n = 30)
61±8 (0=17)
66±10 (n=31)
31±11 (0=273)
GG
44±15 (0=12)
MH
68±5 (n=24)
SG
66±21 (n=6)
73±15 (n=4)
81 (n=l)
74±13 (n=5)
56±10 (0= 109)
KG
80±4 (n=8)
62±3 (n=9)
63±8 (0 = 17)
60±20 (n=4)
55±16 (n = 142)
Tabelle 6. Mittelwert und Standardabweichung
für die Anteile des Basisglases an der Gesamtmasse in
Gew. % nach Abzug der Farbzusätze. SH=Schleirheim, EN = Endingen, ES = Eichstetten, GH=Griesheim,
GG=Groß
Gerau, Ml-l
e
Miesenheim,
SG=Saffig,
KG=Krefeld-Gellep
(HECK 2000, 92).
Produktionsmechanismen
frühmittelalterlicher
Glasperlen
127
Da die Zusammensetzung
des Basisglases sehr ähnlich ist und jener der antiken römischen Gläser gleicht, muß man davon ausgehen, daß die Rezeptur für das Soda-KalkGlas von der Kaiserzeit bis zum frühen Mittelalter nicht verändert wurde.
Andererseits variieren die Anteile des Basisglases am Gesamtanteil des Glases erheblich. Dies bedeutet, daß der Glasmatrix unterschiedliche Mengen an farbgebenden
Komponenten beigegeben wurden. Da hier regionale Differenzen auftreten, war der
Färbungsprozeß des Glases vermutlich vom Produktionsprozeß
abgekoppelt. Es ist
anzunehmen, daß die Endproduzenten
von Glasgegenständen hier maßgeblichen Einfluß hatten. Möglicherweise waren es kleinere Werkstätten, welche die entsprechend
gefärbten Gläser herstellten oder gar die Perlenmacher selbst. Hinweise auf die Herstellung gelben Pigments oder Glases wurden in Schleitheim in der Schweiz (HECK I
REHRENI HOFFMANN2002), in Maastricht, Wijnaldum und Rijnsburg in den Niederlanden (SABLERoLLEs/HENDERsoNIDIJKMAN 1997; SABLEROLLES
1999) sowie in Dunmisk
in Irland (HENDERsoN 1988; 1993) gefunden. Außerdem sind chronologische Veränderungen zu berücksichtigen, auf die bei den chronologisch-chorologischen
Untersuchungen für die einzelnen Perlenfarben (s. u.) eingegangen wird.
Probleme bereitete die Oberflächenverwitterung
der Perlen. Da nur wenige Perlen
angeschliffen wurden, konnten nur Werte mit Verwitterungs schicht gemessen werden.
Die Verwitterung betraf fast alle Elemente, jedoch unterschiedlich stark. Die am wenigsten betroffenen Elemente wurden herangezogen, um eine Gruppentrennung
aufgrund der unterschiedlichen chemischen Zusammensetzung vorzunehmen. Dabei wurde
kein Element des Basisglases verwendet. So erfolgte eine Clustereinteilung
über die
farb gebenden Komponenten oder deren Verunreinigungen. Diese wurden als Oxide
charakterisiert, für die jeweils die mittlere Standardabweichung
errechnet wurde. Eine
Unterscheidung in zwei Cluster galt dann als signifikant, wenn zwischen ihnen das Dreifache der mittleren Standardabweichung
festgestellt wurde (3-Sigma- Kriterium). Mit
dieser hohen Unterscheidungs schwelle wurde die Inhomogenität der Verwitterungsschicht bei merowingerzeitlichen
Perlen berücksichtigt.
Jeder Cluster bildet also eine eigenständige Gruppierung innerhalb einer Farbgruppe
von Perlen, seien sie gefärbt oder pigmentiert, und wird hier mit einer Nummer bezeichnet. Im folgenden wird angenommen, daß diese Gruppierungen jeweils auf einen
eigenständigen Produktionsprozeß
zurückgehen. Ob es sich hierbei um spezielle Rezepte von verschiedenen Produktions stätten oder lediglich um unterschiedliche Glasschmelzen innerhalb einer Produktionsserie handelt, ist nicht zu entscheiden. Auffällig
ist jedoch, daß sich die Cluster chronologisch und regional gliedern lassen. Es ist, wie
erwähnt, zu berücksichtigen, daß die Gräberfelder nur exemplarisch beprobt wurden.
Eine weitere Auf teilung wäre durch eine Analyse der Spurenelemente möglich.
Gelbe
Perlen
Eine gelbe Pigmentierung wurde, wie ägyptische und römische Funde zeigen, ab dem
2. Jahrtausend v. Chr. bis in das 4. Jahrhundert n. Chr. durch ein Bleiantimonatpigment
(Pb2Sb207) erreicht. Bleistannat wurde seit dem 2. bis 4. Jahrhundert n. Chr. eingesetzt
(HECK2000, 23 f.). Die untersuchten gelben Perlen wurden aufgrund signifikanter UnGERM AN IA 82, 2004
128
Matthes / Heck /Theune
Cluster- Nr.
Anzahl
CuO
As203
Sn02
Sb203
PbO
(±0,1)
(±0,1)
(±0,2)
(±1,2)
(± 6,2)
203
0,1
<0,1
3,2
<0,1
29,4
2
316
0,2
0,1
5,6
0,1
46,8
3
79
0,3
<0,1
9,8
<0,1
56,7
4
60
0,3
<0,1
5,7
0,1
68,8
5
90
0,3
0,4
8,0
0,4
63,9
6
90
0,2
0,3
9,1
0,3
44,9
7
7
3,0
0,2
5,4
0,4
57,1
8
39
0,2
0,6
9,6
1,1
62,3
9
57
0,2
0,7
4,4
0,4
49,0
10
41
0,2
1,5
8,9
0,5
60,6
11
10
1,5
<0,1
7,0
<0,1
44,0
der für die Clusterung
gelber Perlen entscheidenden
(fettgedruckte
®
/ Callmer
Perlen
Tabelle 7. Mittelwerte
°
/ Hoffmann
Komponenten
in Gew. %
Werte).
Cluster 1-4
Cluster 5-11
100 km
/:)
Abb.7. Verteilung
GG
= Groß
der gelben Perlen aufgrund
Gerau, GH
= Griesheim,
EN
)
der Clustereinteilung.
= Endingen,
ES = Eichstetten,
KG = Krefeld-Gellep,
SG = Saffig,
SH Schleieheim. - M. 1: 4 000 000.
Produktionsmechanismen
frühmittelalterlicher Glasperlen
129
terschiede bei den chemischen Komponenten CuO, As203, Sn02, Sb203 und PbO in
elf Cluster aufgeteilt (Tabelle 7), die sich auch zeitlich und räumlich unterscheiden (Tabelle 8; Abb. 7). Die einzelnen Cluster weisen z. T. große Differenzen, aber auch Gemeinsamkeiten auf. Die Cluster 3 und 4 sowie 8 und 10 besitzen jeweils große Ähnlichkeit aufgrund der räumlichen Verbreitung, der chronologischen Stellung und ihrer
Formtypen. Sie werden deshalb gemeinsam besprochen. Anhand der Verbreitung und
Zeitstellung lassen sich zwei Haupttypen innerhalb der Cluster unterscheiden: Langlebige weitverbreitete Typen und kurzlebigere regionale bis lokale Typen, wobei erstere
hauptsächlich in der älteren Merowingerzeit und letztere in der jüngeren Merowingerzeit verbreitet waren.
Weitverbreitete
langlebige Perlen (Cluster 1 bis 4)
Dieser Typ ist überregional am ganzen Rhein verbreitet. Perlen aus Cluster 3 und 4
konnten jedoch in Schleitheim nicht nachgewiesen werden. Die Cluster unterscheiden
sich anhand ihrer Laufzeiten und ihrer Bleioxidgehalte. Beide korrelieren miteinander:
Chronologisch junge Cluster haben höhere Anteile an Pigment bzw. farbgebenden
Komponenten als ältere. Cluster 1 besitzt, wie Proben aus Flögeln- Eekholtjen (13 Exemplare), Feddersen Wierde (2 Exemplare) und Otterndorf (8 Exemplare) belegen, eine
in der frühen Völkerwanderungszeit
beginnende, aber begrenzte Laufzeit (Tabelle 8).
Auch wenn noch einige wenige Stücke zu Beginn der jüngeren Merowingerzeit zu finden sind, muß man davon ausgehen, daß es sich hierbei um Nachläufer handelt; ihre
Produktion hörte also am Ende der älteren Merowingerzeit auf. Perlen aus Cluster 2
sind während der gesamten Merowingerzeit zu finden, frühere Belege fehlen jedoch.
Perlen der Cluster 3 und 4 setzen erst in der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts ein und laufen bis zum Ende der Merowingerzeit durch. In diesen Clustern läßt sich kein Arsenoder Antimonoxid nachweisen. Möglich ist eine zentrale Produktion oder eine weit
bekannte Rezeptur. Beide Varianten sprechen für ein in spätantiker Tradition stehendes Glasmacherhandwerk.
In Schleitheim wurde ein Tiegel mit Pigmentschmelze gefunden, dessen Gefüge einer Perlenprobe vom gleichen Fundort entsprach (HEcK/REHRENI HOFFMANN2002). Das Pigment wurde also dort für die Perlen erschmolzen. Die
Perle kann aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung
dem Cluster 1 zugeordnet
werden. Eine Produktion gelben Glases in diesem geographischen Raum ist daher wahrscheinlich, und die Produkte könnten über den Rhein verteilt worden sein. Bei den
Tiegelresten aus Maastricht handelt es sich ebenfalls um Glas mit niedrigem Bleigehalt
IDIJKMAN 1997), die Werte liegen zwischen denen aus Clu(SABLEROLLES./HENDERSON
ster 1 und 2. Die Analysen der Perlen von Wijnaldum zeigten ähnliche Ergebnisse. Da
in Maastricht erst das Glas geschmolzen wurde, ist auch nicht auszuschließen, daß das
Pigment verhandelt und das Glas für die Perlen erst am Absatzpunkt verarbeitet wurde. Der Anteil des Bleioxides am Glas- und Pigmentgemisch wurde im Laufe der Zeit
erhöht, wie die Abfolge der Cluster 1 bis 4 zeigt. Hinter den unterschiedlichen Zusammensetzungen können sich mehrere Glasmacherwerkstätten
oder -schulen verbergen.
Der hohe Glasanteil bzw. der niedrige Pigmentanteil in den Perlen der römischen Kaiserzeit und der frühen Merowingerzeit läßt auch darauf schließen, daß hier noch ältere
GERMANIA82,
2004
130
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann / Callmer
---
T
Verbreitung
~ ~
~
~ ~
~
~ ~
~ ~
~
~ ~
~
~ ~
~ ~
~
~ ::E ::E ::E ::E ::E ::E ::E ::E ::E ::E ::E ::E
> -< -< -< -< -< < ....., ....., ....., ....., ....., .....,
>-<
Produktionsgebiet
>-<
>-<
~ ~ S S ~ ~ ~ ~ > >
~
~
~
~ ~
~ ~
~ ~
~ ~
~I~,~
~ ~
~
~ ~ ~ ~
~ ~ ~
I
;
I
Cluster 1
I
.1.
• • • • • i
iI •
I
!
,
Cluster 3+4
i ?
I
I
!
• • •
i
i
i
Cluster 2
I
I
I·
I·
• • ·1 .i.
• • • • •
I
,
I I i
:
• • • .1 .1. •
Schleitheim: Pigment
Rhein
Maastricht
(?)
Maastricht
(?)
überregional
I
Rhein
I
.' .
I
I
überregional
Süddeutschland (?)
überregional
Ober-/
Niederrhein
• • • • •
Cluster 11
regional
Ober-/
Mittelrhein
• • • • •
Cluster 7
lokal/
regional
!
Cluster 6
I
• • • • •
I
I
I
Oberrhein
I
I
regional
I
Oberrhein
I
Cluster 5
I
• • • • •
regional
Breisgau (?)
I
Hochrhein/
!
Cluster 8+10
I
,
I
i
Rhein-Main
• • • • •
I
I
I
Cluster 9
I
I
• • • • •
lokal!
regional
Rhein-Main-
Oberrhein
Gebiet (?)
regional
Breisgau (?)
Ober-/
Mittelrhein
Tabelle 8. Laufzeit und Verbreitung der Cluster gelber Perlen.
Produktionsmechanismen
frühmittelalterlicher
Glasperlen
131
Traditionen in der Perlenproduktion fortgeführt wurden. Eine deutliche Erhöhung des
Pigmentanteils ist erst in der jüngeren Merowingerzeit zu bemerken, was vielleicht mit
einer Verknappung des Rohglases in Verbindung gebracht werden kann.
Die Anzahl der Spezialisten mit Glasmacherkenntnissen
dürfte begrenzt gewesen
sein. Bei den großen flachen Perlen lassen sich bezüglich der Größe oder des Fadenlochdurchmessers keine spezifischen Verteilungen in den Gräberfeldern erkennen. Eine
Großproduktion
innerhalb einer Werkstatt spätrömischer Tradition ist daher nicht auszuschließen. Die Perlenwerkstatt von Maastricht besitzt einen eigenständigen Formenschatz an zylindrischen und prismatischen Perlen, so daß man auch von kleineren Werkstätten ausgehen kann, welche die Perlen nach lokalen Bedürfnissen drehten. Auch
Formvergleiche von Perlen aus den analysierten Clustern zeigen auf, daß die Formgebung, wie sie sich in den Gräberfeldern niederschlägt, unterschiedlich war.
Produktionsgemeinschaften
im regionalen Umfeld
Neben den weitverbreiteten Perlen der Cluster 2 bis 4 treten ab der jüngeren Merowingerzeit zahlreiche neue Typen auf. Zunächst sind es Perlen zweier Cluster mit hohem Kupferoxidgehalt, der äußerlich zu einem grünlichen Schimmer führt. Die Perlen
aus Cluster 11 lehnen sich mit geringem Bleioxidgehalt und dem Fehlen von Arsen oder
Antimon an die Perlen von Cluster 2 an. Perlen aus Cluster 7 enthalten hingegen ein
wenig Arsen- und Antimonoxid.
Perlen aus diesen beiden Clustern treten ab der
1. Hälfte des 7. Jahrhunderts auf. Ob der hohe Kupfergehalt bewußt eingesetzt wurde,
um eine Farbvariation in Richtung grünlich herzustellen, oder ob mit Kupfer kontaminierter Rohstoff verwendet wurde, läßt sich nicht sagen. Ab dem beginnenden
7. Jahrhundert (SW IV; JM I) erscheinen fünf weitere Cluster mit arsen- und antimonhaltigen Perlen. Perlen des Clusters 6 besitzen nur wenige Gewichtsprozente
an diesen
Komponenten, aber auch einen geringen Bleigehalt. Dieser mag sich an der Zusammensetzung von Perlen aus Cluster 2 orientieren, der Zinnoxidgehalt ist jedoch bei den
Perlen aus Cluster 6 höher. Die anderen Cluster beinhalten dagegen Perlen mit sehr
viel Arsen- und Antimonoxid. Perlen aus Cluster 5, 8 und 10 sind ebenfalls sehr bleireich und orientieren sich in ihrer Zusammensetzung
an Perlen der Cluster 3 und 4.
Die chemische Zusammensetzung
der Perlen in Cluster 9 wiederum ähnelt mehr Cluster 2. Hohe Arsen- und Antimonoxidwerte
von jeweils über 0,4 Gewichtsprozent
können somit als chronologische Indikatoren angesehen werden. Während die Perlen aus Cluster 5 und 9 am häufigsten am Kaiserstuhl auftreten, sind Perlen aus Cluster 8 und 10 in größeren Mengen im Rhein-Main-Gebiet
zu finden. Die Perlen der
Cluster 8 und 10 sind in ihrer Ausbreitung auf den Oberrhein beschränkt, während
Perlen der Cluster 5 und 9 auch aus Schleitheim bzw. vom Mittelrhein stammen. Deutet die Fundverteilung eine Werkstatt an, so wären die Perlen der Cluster 5 und 9 im
südwestdeutschen
Raum und die der beiden anderen Cluster im Rhein-Main-Gebiet
hergestellt worden. Sollte dies für die Cluster 8 und 10 gelten, hätte das Pigment aus
dem südwestdeutschen
Raum bezogen werden müssen, wofür es tatsächlich verschiedene Indizien gibt.
GERMANIA 82, 2004
132
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann / Callmer
Rohstoffe
und Herstellungsweise
gelber Perlen
Die oben erwähnten Tiegelfunde mit gelben Pigmenten zeigen an, daß es sich bei der
Herstellung dieses Perlentyps um einen eigenständigen, von den anderen Farben getrennten Produktionsprozeß
gehandelt hat. J. Henderson sah hierin noch Überreste einer
bis in die Latenezeit zurückreichenden "keltischen" Glaskunst (HENDERsoN 1993,255).
Ob auch die in Maastricht, Wijnaldum, Rijnsburg und Schleitheim gefundenen Objekte dafür eine Bestätigung sind, soll offen bleiben. Dennoch bieten Gefügeuntersuchungen
mit dem Rasterelektronenmikroskop
an den Tiegeln deutliche Einblicke in den Produktionsprozeß gelber Perlen. Bei dem Tiegelfragment aus Schleitheim handelt es sich
um einen Nachweis zur Herstellung des Pigments Bleistannat PbSn03, also eines Halbproduktes. Dafür wurde zunächst Blei oder Bleioxid im Tiegel geschmolzen. Diese aggressive Schmelze griff das Tiegelmaterial an und löste es partiell, wie an freiem PbO
ersichtlich wird, das in einem reliktischen, aus dem Tiegel herausgelösten Kalifeldspat
gefunden wurde. Auch Silikate wurden dem Tiegel entzogen und führten zur Bildung
eines Bleiglases mit über 70 % PbO und ca. 10 % Si02. Anschließend wurde Zinn oder
Zinndioxid beigegeben. Es zeigte sich, daß das Bleistannat (PbSn03) um Zinndioxidkerne (Sn02) herumwuchs und freies Bleidioxid niemals in den Kernen dieser Kristalle
gefunden wurde. Die Feinkristallinität des Bleistannats (z. T. kleiner als l um) spricht
neben der Morphologie der Kristalle für ein Entstehen aus der Schmelze. Laborversuche zeigten, daß Bleistannat in Gegenwart von Si02 bei Temperaturen von mehr als
600 C entsteht, jedoch bei Temperaturen höher als 900 C wieder in seine beiden Ausgangs oxide zerfällt (RooKSBY 1964). Hierdurch läßt sich zumindest der Temperaturbereich des Prozesses in Schleitheim genauer festlegen. Untersuchungen an einer Perle
(Probe SH 1) aus der gleichen Siedlungs grabung, aus der das Tiegelfragment stammt,
zeigen im Gefüge eine hohe Übereinstimmung
mit dem des Tiegelbruchstückes.
Die
Größe und Dichte der Bleistannatkristalle sind nahezu identisch, und auch das Verhältnis von Bleioxid zu Zinnoxid ist sehr gut vergleichbar: Unterschiede ergaben sich
jedoch im Verhältnis der Oxide von Silizium und Aluminium (Tabelle 9). Berechnungen zeigten, daß neben der farbgebenden Komponente aus dem Tiegelmaterial eine KalkNatron-Glas-Komponente
mit 25 Gew. % Na20, 66 Gew. % Si02 und 7 Gew. % CaO
beigegeben wurde. Dabei nahm das Farbpigment 73 Gew. % und das Basisglas 27
Gew. % ein. Der hier im Vergleich zum herkömmlichen "römischen" Soda-Kalk-Glas
zu hohe Natriumoxidanteil
mag auch auf Natriumeinträge im Pigment zurückzuführen sein. Auf jeden Fall führte eine unterschiedlich große Kontamination des Tiegelglases mit Bestandteilen aus dem keramischen Tiegel zu einer weitaus größeren Inhomogenität der Glaszusammensetzung
in den gelben Perlen als bei Perlen anderer Farbe.
0
0
PbO:SnO,
Tiegel
Perle
SiO,:Al,O,
11,4
4,1
11,7
11,4
Tabelle 9. Vergleich der Zusammensetzung von Tiegelmaterial und Perle aus Schleitheim.
Produktions
mechanismen
frühmittelalterlicher
133
Glasperlen
Zur Herkunft des Bleis der gelben Perlen - Bleioxid als Indiz für
einen jüngermerowingerzeitlichen
Blei-Silberbergbau
?
Woher stammte das Blei für die gelben stark bleioxidhaltigen Perlen der Merowingerzeit? Bleioxid fällt als sogenannte Bleiglätte in größeren Mengen bei der Silbergewinnung
ab (BACHMANN1993). In der Glasmasse des (ältermerowingerzeitlichen)
Schleitheimer
Tiegels wurde ein Silberkörnchen mit einem Durchmesser von ca. 15011m gefunden
(HECK 2000, 128f.).
Ab der jüngeren Merowingerzeit tritt im Oberrheintal plötzlich ein stark arsen- und
antimonoxidhaltiger
Glastyp (Cluster 5; 8-10) auf (MATTHES1998, 96 f.). Bleiisotopenanalysen durch J. Schneider (Gießen) zeigen eine Auf teilung der Proben in zwei deutlich trennbare Gruppen (Abb. 8). Arsen- und antimonfreie Perlen sind in Gruppe 1 der
Bleiisotopenanalyse,
arsen- und antimonhaltige Perlen nur in Gruppe 2 zu finden
(SCHNEIDER1994).
207Pb/ 204Pb 30
25
• Proben
Cl Siegerland
I:; Osttaunus
v Hunsrück
20
0
Eifel
v
15
c9
10
cP
0
Gruppe 2
ce
(J)
Gruppel
sr
sr
"
0
5
0
18,1
18,2
18,3
18,4
18,5
18,6
18,7
18,8
206pb / 204pb
Abb. 8. Vergleich der Bleiisotopenverhältnisse
mit Literaturdaten
verschiedener
Bleilagerstätten.
Das Tiegelfragment aus Schleitheim belegt, daß die schmelz technische Herstellung
des Pigments für gelbe Perlen im alamannischen Bereich schon in der älteren Merowingerzeit bekannt war. Bleioxid als Abfallprodukt der Silbergewinnung ist ein plausibler Rohstoff zur Herstellung des Bleistannats, zumal im nahegelegenen Schwarzwald
Bleilagerstätten bekannt sind. Das Auftreten eines Perlentyps, der sich durch einen hohen Gewichtsprozentsatz
von Antimon- und Arsenoxid auszeichnet (Gruppe 2) und
der sich zudem durch seine Bleiisotopenwerte von anderen und älteren gelben Perlen
unterscheidet (Gruppe 1), läßt den Schluß zu, daß eine neue Rohstoffquelle erschlossen wurde. Die Homogenität der Bleiisotopen schließt römischen Metallschrott als Quelle aus, da sich hier eine Vermischung verschiedener Bleilagerstätten niedergeschlagen
hätte. Die Bleiisotopenanalyse beruht weitgehend auf der Datierung von Lagerstätten
aufgrund von radioaktiven Zerfallsreihen und ihrer Einbindung in plattentektonische
Prozesse. Isotopenvergleichswerte
sprechen für eine Erschließung neuer Rohstoffe im
Schwarzwald bzw. in den Vogesen (SCHNEIDER1994; HAACK/LEVEQUE1994), da FundGERMANIA82,
2004
134
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann
/ Callmer
ort und mögliche Rohstofflagerstätte dicht beieinanderliegen. Für Gruppe 1 kommen
als mögliche Lagerstätten außerdem das Siegerland, der Osttaunus, der Hunsrück und
die Eifel in Frage.
Trotz intensiver archäologischer Recherche konnten Bergbauaktivitäten bislang nur
bis in das 8./9. Jahrhundert zurückverfolgt werden. In Sulzburg weisen Radiokarbondatierungen möglicherweise auch schon in das 7. Jahrhundert (STEUER1999). Bisher waren nur die merowingerzeitlichen
Bleivorkommen von MeIle, Dep. Deux-Sevres, bekannt, da sie in der Gesta Dagoberti erwähnt wurden (ROTH 1986,67; ZOTZ 1993, 185).
Weiße Perlen
Seit dem 2.-4. Jahrhundert n. Chr. wurde weißes Glas durch Zinnoxidpigment (SnOz)
gefärbt, das im keltischen Kulturbereich schon seit dem 3.-1. Jahrhundert v.Chr. als
Farbmittel in Gebrauch war. In Grab 311 von Griesheim, das in den Übergang der
JM II zur JM III fällt, wurde ein nach römischem Rezept gefärbtes Altstück gefunden.
Die weißen Perlen lassen sich nur in zwei große und einen kleinen Cluster aufteilen
(Tabelle 10; 11). Ausschlaggebend sind die Verbindungen SnOz, Sbz03 und PbO. Perlen aus Cluster 1 scheinen etwas älter zu sein als die aus Cluster 2. Beide unterscheiden
Cluster-Nr.
Anzahl
Perlen
SnO,
Sb,O,
Pbü
(±8,6)
(±0,8)
(±1,8)
1
75
11,0
0,1
4,4
2
40
18,1
0,1
10,8
3
11
6,3
3,4
2,0
Tabelle 10. Mittelwerte der für die Clusterung weißer Perlen entscheidenden
(fettgedruckte Werte). In Klammern ist das 3-Sigma-Kriterium
•....•
•....•
•....•
•....•
•....•
......IVerbreitung
•....•
•....•
•....•
Komponenten
angegeben .
Produktionsgebiet
~i
;:s ;:s ;:s ;:s ;:si
-ce: < ....., ....., .....,1
I
I
•....•
•....•
•....•
•....•
•....•
Vl
Vl
:::: >
•....• >
Vl
. I·
Cluster 1
• • I überregional
iR
• I überregional
I
i
I
I. •
Cluster 2
31L L
i
'l
I
lust,e~rJ
I
1
I
I
:
I
!
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I
einheitlich
hei
ein
Hoch- bis
Mittelrhein
einheitlich
Südwestdeutschland ?
I
bei Eichstetten (?)
lJ~lokal
! Eichstetten,
I Grab 197
.
----
Tabelle 11. Laufzeit und Verbreitung
der Cluster weißer Perlen.
in Gew. %
Produktionsmechanismen
frühmittelalterlicher
135
Glasperlen
sich im Zinn- und Bleioxidgehalt. Es sind also verschieden große Anteile an Pigment
zugegeben worden (Sn02)' Ihre räumliche Verteilung in den Gräberfeldern von Griesheim, Eichstetten und Endingen ist nahezu identisch. Cluster 3 zeichnet sich durch einen hohen Antimonwert aus und kommt nur in Grab 197 von Eichstetten vor; auch die
Perlen anderer Farbgebung aus diesem Grab weisen die selbe Charakteristik auf. Hier
muß von einer sehr kleinen Produktions gemeinschaft ein antimonkontarniniertes Grundglas oder Pigment zur Herstellung verschiedenfarbiger Gläser eingesetzt worden sein.
Herstellungsweise
Die Korrelation von 0,51 zwischen Zinnlegen eine gemeinsame Zugabe innerhalb
Das Mengenverhältnis beider entspricht
oxidierter Form als Farbpigment benutzt
weißer Perlen
und Bleioxid sowie eine Gefügeuntersuchung
der Farbkomponente
nahe (HECK 2000, 94).
jenem von Weichlot, das möglicherweise in
wurde.
Grüne
Perlen
Grüne Perlen werden aufgrund ihrer farbgebenden Komponenten in zwei Gruppen
aufgeteilt: Dunkelgrüne bis hell türkisfarbene Perlen (Cluster 1,2,3 und 6) verdanken
ihre stark variierende Farbgebung einer Mischung von CuO, PbO, MnO und Fe203'
Zinnoxid (Sn02) wurde als Trübungsmittel eingesetzt. Hellgrüne Perlen bekamen ihre
Farbe aus einer Mischung des Gelbpigments Bleistannat (PbSn03) mit in der Glasmatrix
gelösten Cu2+ - Ionen (Blaufärbung). In dieser Gruppe sind Cluster 4 und 5 zu finden.
Für die Clusterung grüner Perlen waren fünf Komponenten ausschlaggebend (Tabelle
12; 13). Grüne Perlen zeigen wie die gelben Perlen eine geographische Aufgliederung
in Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung. Möglicherweise sind hier Produktionsgemeinschaften
mit unterschiedlichen
Rezepturen zu fassen. Die bleioxidreichen hellgrün gefärbten Perlen der Cluster 4 und 5 sowie die mäßig mit Bleioxid
versehenen Perlen des Clusters 6 sind vom Niederrhein bis zum Mittelrhein zu finden.
Cluster-Nr,
Anzahl
cuo
ZnO
Sn02
Perlen
(±1,0)
(±0,1)
(±2,8)
Sb203
(±0,2)
PbO
(±2,8)
1
34
2,9
0,3
2,2
0,1
2
27
6,0
0,4
4,5
0,3
7,4
3
5
4,8
0,5
5,2
1,9
6,5
4
10
3,0
0,2
4,0
0,3
27,9
5
7
8,6
1,7
0,9
0,8
24,1
6
4
7,3
0,6
14,1
0,0
10,9
Tabelle 12. Mittelwerte
der für die Clusterung
(fettgedruckte
grüner Perlen entscheidenden
Werte). In Klammern
ist das 3-Sigma-Kriterium
3,2
Komponenten
in Gew. %
angegeben.
Die bleioxidarmen Exemplare der Cluster 1 bis 3 haben ihren Verbreitungsschwerpunkt
im Süden. Die Produktion der einzelnen Perlen beginnt zeitlich leicht versetzt. Am frühesten lassen sich Perlen des überregionalen Clusters 2 im Süden und des lokalen Clusters 6 im Norden in der Zeit um 600 fassen. In der jüngeren Merowingerzeit kommen
GERMANIA
82, 2004
136
Matthes / Heck /Theune / Hoffmann / Callmer
>-<
>-<
I~
Cluster
1
>-<
>-<
~I~
V'J
V'J
I
I
I •
I
I
,
I
überregional
1
Hoch-
i
I
5
I·
I (hellgrün) I
I
I
• I•
------'-
~-
bis Mittelrhein
i
lokal
I
Eichsterten
bei Eichstetten
(?)
Grab 197
niederrheinisch
überregional
Mittel- bis Niederrhein
•
I
I
I
• • I
I
L.
I
oberrheinisch
I
,
(hellgrün)
bis Mittelrhein
überregional
• •
I
Hoch-
oberrheinisch
I
I·
I
3
~ Cluster 6
• •
I
I
I Cluster
,
V'J
,
I
Cluster 4
V'J
• • • •
Cluster 2
Cluster
>-<
>-<
>-<
~ ~
~ ~
•....•
lokal
Krefeld-Gellep
Krefeld-Gellep
mittelrheinisch
lokal
I
Mittelrhein
I
I
Tabelle 13. Laufzeit und Verbreitung der Cluster grüner Perlen.
die beiden Cluster 4 und 5 mit überregionaler oder lokaler Verbreitung sowie Cluster 1
mit überregionaler Verbreitung dazu. Die beiden Produktionsgebiete überschneiden sich
im Rhein-Main-Gebiet,
das durch das Gräberfeld Griesheim vertreten wird. Perlen aus
Cluster 1 wurden über einen langen Zeitraum hergestellt, die hellgrünen Perlen aus Cluster 4 scheinen hingegen nur kurzfristig hergestellt worden zu sein. Da zwei geographisch getrennte Produktions kreise vorliegen (Abb. 9), kann man davon ausgehen, daß
grünes vorgefertigtes Glas nicht importiert wurde. Dies spricht außerdem für eine vom
Rohglas getrennte Einfärbung nach unterschiedlichen Rezepturen. Da aufgrund der
hohen Farbkomponentenanzahl
verschiedenste Farbgebungen bei den Perlen festgestellt werden konnten, wurde auch das Größenverhältnis der beprobten zumeist doppelkonischen Perlen untersucht. Ein Zusammenhang zwischen Größe und chemischer
Zusammensetzung (Cluster) konnte jedoch nicht festgestellt werden.
Herstellungsweise
grüner Perlen
Untersuchungen hellgrüner Perlen mit dem polarisierten Lichtmikroskop in Kombination mit Elektronenstrahlmikroanalyse
erweisen, daß neben dem farbgebenden Cu2+
auch Relikte von CuO (im Lichtmikroskop schwarz erscheinend) und CU20 (im Lichtmikroskop rotorange erscheinend) in der Glasmatrix zu finden waren. In diesen Kupferaggregaten sind SnOr und PbO-Partikel eingeschlossen. Somit wurden die ursprünglichen Beimengungen zur Färbung und Verunreinigungen bzw. Legierungen als Aus-
Produktionsmechanismen
o
•
@
frühmittelalterlicher
Glasperlen
137
nördliche Gruppe
südliche Gruppe
Überschneidungsbereich
100 km
Abb. 9. Verteilung der grünen Perlen aufgrund der Clustereinteilung. KG = Krefeld-Gellep, SG = Saffig,
GH = Griesheim, EN = Endingen, ES = Eichstetten, SH Schleitheim. - M. 1: 4 000000.
gangsstoffe erkannt. Dunkel- bis hell-türkisgrüne Perlen benötigen zur Erhaltung des
Kupferoxides eine oxidierende Ofenatmosphäre. Berechnungen der Elementkonzentrationen sollen den Eintrag verschiedener farbgebender Komponenten in die Glasschmelze noch verdeutlichen. Die Häufigkeit aller drei Elemente zeigt deren bewußte
Zugabe bei den grünen Perlen an.
Orangefarbene
Perlen
Die Orangefärbung der Perlen ist auf Beimengung von Cuprit (CU20) zurückzuführen. Anhand von fünf verschiedenen Verbindungen konnten acht Cluster erstellt werden (Tabelle 14; 15). Im Verteilungs bild ist eine zeitlich-räumliche Verschiebung von
Süden nach Norden bei Cluster 1, 2, 3 und eingeschränkt bei Cluster 6/7 auffällig
(Abb.l0). Dies führt zu der Überlegung, daß dieser Typ teilweise außerhalb des Untersuchungsgebietes produziert wurde und den alamannischen Raum am Oberrhein früher als den fränkischen Niederrhein erreichte. Für diese Theorie spricht, daß der Großteil
orangefarbener Perlen in Bayern nachgewiesen wurde (KATZAMEYER1997, 150). Auch
GERMANIA 82, 2004
138
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann
Cluster-Nr.
Anzahl
Perlen
Cu,O
ZnO
SnO,
Sb,03
PbO
(±5,2)
(±0,1)
(±0,7)
(±0,1)
(±0,3)
0,4
1
49
21,9
0,1
0,3
0,1
2
16
21,3
0,3
1,5
0,1
1,4
3
11
37,7
0,1
0,6
0,2
0,7
4
11
23,6
0,1
0,4
1,4
7,5
5
1
10,9
0,2
3,6
1,5
14,9
6
4
30,1
2,1
5,1
0,1
2,3
7
7
29,6
1,6
1,5
0,1
2,6
8
1
19,8
5,4
1,8
0,1
0,4
Tabelle 14. Mittelwerte
der für die Clusterung
Gew. % (fettgedruckte
•
AM III-JM
o
JM II/SW IV I
o
/ Callmer
orangefarbener
Werte). In Klammern
Perlen entscheidenden
ist das 3-Sigma-Kriterium
Komponenten
in
angegeben.
I/SW III-SW IV H
JM IIIISM V
100km
Abb.10. Die zeitliche Entwicklung
Saffig, GH = Griesheirn,
der orangefarbenen
EN = Endingen,
Perlen aus Cluster 1. KG = Krefeld-Gellep,
ES = Eichstetten,
SH Schleitheim.
SG =
- M. 1: 4 000 000.
Cluster 6 und 7 können aufgrund ihrer Ähnlichkeit zusammengehören.
Sollte es sich
um eine Produktion handeln, wird diese in der Zeit um 600 in kleinem Rahmen eingesetzt haben. Dann ist aber auch hier eine Verschiebung von Süd nach Nord zu sehen.
Cluster 8 ist lediglich in Krefeld-Gellep vertreten.
Produktionsmechanismen
i
,...,
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~
frühmittelalterlicher
,...,
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,....,
~
>
139
Glasperlen
Verbreitung
ES
ES,EN
ES,EN
Rhein
GH
GH,SG
GH,SG
zeitabhängig
Produktionsgebiet
Breisgau (?)
KG
2
u
ES
ES,EN
GH
GH
ES,EN
Rhein
zeitabhängig
KG
•
Cluster 3
•
EN
EN
GH
GH
•
GH
4
überregional
Import oder
Rhein
Rhein-Main-
zeitabhängig
Gebiet (?)
lokal
Eichsterten
Eichstetten
5
Eichstetten
Grab 270
•
6
GH
GH
lokal
Import (?)
verschieden
Cluster 7
KG
ähnlich
•
7
regional
Mittel- bis
GH
KG
Import?
KG
Niederrhein
Cluster 6
-~-
8
•
Krefeld-Gellep (?)
Grab 254
Tabelle 15. Laufzeit und Verbreitung der Cluster orangefarbener Perlen. KG = Krefeld-Gellep, SG =
Saffig, GH = Griesheim, EN = Endingen, ES = Eichstetten, SH Schleitheim.
GERMANIA 82, 2004
140
Mattlies / Heck / Theune / Hoffmann / Callmer
Herstellungsweise
orangefarbener
Perlen
Aufnahmen mit dem Rasterelektronenmikroskop
zeigen, daß in der Glasmatrix feine
Cupritkristalle mit einem Durchmesser von weniger als einem Mikrometer auskristallisiert sind, die für die Färbung des Glases sorgen. Daneben gibt es aber auch gröbere
dendritische Formen. Je größer die Kristalle sind, desto rötlicher wird die Farbe des
Glases. Weniger große Kristalle erscheinen hingegen orange oder sogar graugelb. Vereinzelte metallische runde Kupferkörner deuten auf reduzierende Schmelzbedingungen
hin. Reliktisch ist auch CuO noch zu finden, das den Grundstoff zur Bildung des
Cuprits abgab.
Betrachtet man die Korrelationen der chemischen Bestandteile, so wird eine sehr
enge Verbindung zwischen Blei- und Antimonoxid deutlich (0,84). Arsenoxid korreliert wiederum mit Bleioxid (0,38), mit Cuprit (0,53) und merkwürdigerweise
mit Kalk
(CaO = 0,52). Auch Zinn und Zink korrelieren (0,58). Als Kupferquelle ist somit auch
eine arsenhaltige Messing-Bronze möglich.
Da die Farbkomponente zur Herstellung orangefarbener Perlen im Vergleich zu den
anderen Typen die einfachste Zusammensetzung
aufweist, bietet sich die Möglichkeit,
die Häufigkeiten der berechneten Zusammensetzungen
der Ausgangslegierungen
direkt mit Analyseergebnissen römischer und frühmittelalterlicher
kupferhaltiger Legierungen zu vergleichen. Hierdurch kann überprüft werden, ob häufig vorhandene
Typen kupferhaltiger Legierungen auch zur Pigmentherstellung eingesetzt wurden. Zusammensetzungen von 100 orangefarbenen Perlen wurden mit Analyseergebnissen von
49 kupferhaltigen Legierungen verglichen, die von Artefakten aus dem frühbajuwarischen Gräberfeld Straubing-Bajuwarenstraße
stammen. Dieses Gräberfeld umfaßt 819
Bestattungen von der Mitte des 5. Jahrhunderts n. Chr. bis zum Ende des 7. Jahrhunderts n. Chr. (GÖRGL/STREHU/WOBRAUSCHEK1998). Zusätzlich wurden zum Vergleich
Analyseergebnisse antiker kupferhaItiger Legierungen (Abb.ll) herangezogen (DuNGWORTH1997).
Bei den antiken Proben ist für den Zeitrahmen vom 1. bis zum 4. Jahrhundert ein
Anstieg des Zinnanteils auf Kosten des Zink- und Bleianteils zu beobachten. Es fand
eine Veränderung von bleihaltigem Messing zu einer Zinnbronze statt. Dieses Legierungsverhältnis ist auch bei den frühmittelalterlichen
Bronzen aus Straubing zu finden, so daß hier eine kontinuierliche Entwicklung oder auch eine Nutzung älteren römischen Materials zu konstatieren ist. Das Mischungsverhältnis von Zinn zu Blei zu
Zink beträgt beim Hauptteil der frühmittelalterlichen
bajuwarischen Bronzen (0,250
bis 0,625) : (0,125 bis 0,500) : (0,000 bis 0,375). Einige Exemplare fallen aus diesem Raster; es bestanden also gewisse Freiräume bei den Legierungen. Es wäre auch die Verwendung der Bronzeartefakte
zu berücksichtigen, denn funktional unterschiedliche
Objekte benötigen auch unterschiedliche Legierungen.
Ein beträchtlicher Teil der orangefarbenen Perlen enthält Bleianteile von über 50 %
(Abb. 11, schraffierter Bereich). Hier muß man mit einer zusätzlichen Beigabe von
Blei( -oxid) rechnen. Bleioxid eignet sich gut zur Absenkung der Glasschmelztemperatur, läßt sich leichter verarbeiten und in den Farbnuancen leichter verändern.
Produktions
mechanismen
frühmittelalterlicher
Glasperlen
141
1,00 "'f----r------1f----..---:v----r---'>f---.---=--~O,OO
0,00
0,25
0,50
0,75
1,00
Sn [rel, Anteil]
•
aus Glasperlen
o
Analysenergebnisse
o
Mittelwert
berechnete
ß Mittelwert
'\l Mittelwert
Cu-Leg.
Irühmittelalt,
Cu-Leg.
röm. Cu-Leg. (1. Jh. n. Chr., n=191)
Abb.11. Ternäres Diagramm
der berechneten
<>
Mittelwert
röm. Cu-Leg. (2. Jh. n. Chr., n=245)
rörn. Cu-Leg. (3. Jh. n. Chr., n=145)
röm. Cu-Leg. (4. Jh. n. Chr., n=78)
Zinn-, Blei- und Zinkanteile
der zur Färbung verwendeten
kupferhaltigen Legierungen aus orangefarbenen Glasperlen (n = 100). Im Vergleich Analyseergebnisse
antiker (englischer) und frühmittelalterlicher
kupferhaltiger Legierungen (Vergleichswerte nach DUNGWORTH
1997; GÖRGL/STREHU/WOBRAUSCHEK 1998).
Braune
(rotbraune)
Perlen
Anhand von sieben Komponenten ließen sich neun verschiedene Cluster ermitteln. Es
ist anzunehmen, daß die braunen Perlen hauptsächlich im lokalen bis regionalen Umfeld hergestellt wurden (Tabelle 16; 17). Die Verbreitung beschränkt sich bis auf Cluster 2, das den gesamten Untersuchungsraum
einnimmt, meist auf den Oberrhein,
selten reicht sie bis zum Mittelrhein. Cluster 3 mit Schwerpunkt in Endingen steht chemisch mutmaßlich den Gläsern aus dem Rhein-Main-Gebiet
(Cluster 7 und 8) und vom
Niederrhein (Cluster 9) mit hohen Zinn- und Bleiwerten näher. Südwestdeutsche Gläser zeichnen sich eher durch einen spärlichen Einsatz von Metalloxiden aus. Die Herkunft des Zinkoxides in einigen Gläsern konnte nicht vollständig geklärt werden, eventuell stammt der Zinkanteil aus Messingbronzen (HECK 2000, 157). Ihre Verbreitung
hauptsächlich nördlich des Rhein-Main-Gebietes
könnte auf Verbindungen zur früheren Fabrikation von Messinggefäßen im Rheinland schließen lassen. Die Verwendung
von Schrott (Kupferlegierungen) zur Gewinnung der farb gebenden Komponenten ist
nicht unwahrscheinlich.
So wurden in Perlen aus der Zeit um 600 n. Chr. Eisenverhüttungsschlacken als Farbgeber genutzt. Perlen aus Cluster 3 sind dagegen erst ab der
jüngeren Merowingerzeit nachweisbar. Bei den Perlen aus Cluster 5 handelt es sich um
eine regionale Produktion der Mitte des 7. Jahrhunderts. Form und Größe der Perlen
können ebenfalls nicht eindeutig chemischen Clustern zugewiesen werden.
GERMANIA 82, 2004
142
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann
Cluster Nr.
Anzahl
Perlen
/ Callmer
MnO
Fe,03
CuO
ZnO
SnO,
Sb,O,
PbO
(±0,2)
(±2,3)
(±0,8)
(±0,2)
(±2,3)
(± 0,1)
(±3,5)
74
0,5
6,0
2,3
0,2
1,4
0,1
6,3
2
33
1,8
7,9
2,1
0,2
1,9
0,1
6,2
3
16
0,3
6,1
2,1
0,3
3,0
0,1
19,4
4
10
3,1
11,4
2,6
0,4
1,6
<0,1
5,1
5
17
0,3
5,3
2,2
0,3
0,4
1,3
5,1
6
4
0,4
6,0
2,2
1,1
1,1
<0,1
5,3
7
17
1,4
10,8
4,6
1,6
3,5
0,4
14,8
8
11
1,2
11,9
2,8
0,4
7,0
<0,1
12,2
9
3
1,0
9,0
3,9
1,7
3,6
0,2
27,3
Tabelle 16. Mittelwerte
der für die Clusterung
(fettgedruckte
brauner Perlen entscheidenden
Werte). In Klammern
ist das 3-Sigma-Kriterium
Komponenten
in Gew. %
angegeben.
Herstellungsweise brauner Perlen
Braun gefärbte Gläser sind durch fein verteiltes elementares Kupfer gefärbt. Ohne den
Einsatz der Röntgendiffraktrometrie (XRD) wäre dies nicht erkannt worden. Kupferoxidrelikte im Glas zeigen den ursprünglichen Rohstoff für das Farbmittel an. Dieses
enthält wiederum Blei- und Zinneinschlüsse, so daß wie schon bei den grün und orange gefärbten Perlen davon ausgegangen werden muß, daß verschiedene Bronzen einen
Teil der verfügbaren Rohstoffbasis gebildet haben. Um elementares Kupfer zu erhalten, muß das Kupferoxid reduziert werden. Dazu eignet sich Eisen(II)oxid (FeO). Dieser
Verfahrensschritt wird durch die signifikante Korrelation von Kupfer- und Eisen(II)oxid
(Fe203) bestätigt. Das heißt, daß das Eisen(II)oxid bewußt zur Reduktion des Kupferoxides eingesetzt wurde. Folgende Reaktionsschritte verdeutlichen den genannten
Prozeß:
A: 2 FeO + 2 CuO - CU20 + Fe203
B: 2 FeO + CU20 - 2 Cu + Fe203
Aufnahmen mit dem Rasterelektronenmikroskop bestätigen dies. So bildeten sich
Kupfertropfen in der Größe von einigen um am Rande eines 300 um großen Eisenoxideinschlusses. Typische Kupfertropfen in der Glasmatrix sind deutlich kleiner
als 1um. Detailaufnahmen eines 400 um großen eisenreichen Aggregates führten dann
zur Rohstoffquelle des Eisenoxides: Hier hatten sich skelettartige Kristallisationsstrukturen ausgebildet, die aus Wüstit (FeO) bestehen. Daneben lagen große hellgraue "Platten" aus Olivin ([Mg, Fe] SiO 4)' einem Mischkristall zwischen Fayalit
(FeSi04) und Forsterit (Mg2Si04), vor. Ein Vergleich mit mittelalterlichen Eisenrennfeuerschlacken (KRONZ 1997) zeigte eine hohe Übereinstimmung im Gefügebild, so daß die Herkunft des Rohstoffes Eisen(II)oxid als gesichert gelten kann.
Produktionsmechanismen
. ..
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;;S
;;S
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Vl
•.....
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•
Cluster 1
;;S
;;S
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I
i·
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•
•
•
Vl
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.
>-
~
~
Vl
Produktions gebiet
,....,
.. •. ...
...•
Verbreitung
;;S
,....,
... •.
143
Glasperlen
.. ,.....
•.....
•.....
•.....
•.....
•.....
•.....
-<
-
•.....
•.....
frühmittelalterlicher
Vl
regional
oberrheinisch
Oberrhein
Breisgau (?)
!
Eichstetten (?)
•
Cluster 2
•
•
•
!
i
•
Cluster 3
•
Cluster 4
•
•
•
•
•
Cluster 5
Cluster 6
•
•
Cluster 7
•
•
überregional
oberrheinisch
Rhein / später
Breisgau (?)
Oberrhein
Endingen (?)
regional
oberrheinisch
Hoch- und
Breisgau (?)
Oberrhein
~
regional
oberrheinisch
Oberrhein
Endingen (?)
lokal
Eichstetten
Kaiserstuhl
?
überregional
Eichstetten
überregional
Rhein-Main-Gebiet
Hoch- bis Mittelrhein
?
regional
Rhein -Main -Ge biet
Griesheim
?
(?)
!
i
!
I
!
•
•
•
•
Endingen
•
Cluster 9
•
•
lokal
niederrheinisch?
Niederrhein
..
.......
Tabelle 17. Laufzeit und Verbreitung
der Cluster brauner Perlen.
Das Grab 123 in Eichstetten, aus dem die untersuchte Perle stammt, gehärt der südwestdeutschen Perlenkombinationsgruppe
PKG 2b an (SASSE/THEUNE 1996) und
datiert somit in die SW II D,E.
Die hier geschilderten Produktionsverhältnisse
gelten für monochrome braune Perlen. üb sie auch auf polychrome Perlen zu übertragen sind, war zu überprüfen. Dazu
wurden einige polychrome braune Perlen mit gelben Mustern und der braune Überzug bei drei Millefioriperlen chemisch analysiert (BrcHLMEIERI HOFFMANNI ÜRTNER
2000). Das Braun der mit Schleifenmustern verzierten polychromen Perlen zeigte die
gleiche chemische Zusammensetzung wie die monochromen Perlen. Die in der MeroGERMANIA 82, 2004
144
Mattlies / Heck / Theune / Hoffmann / Callmer
wingerzeit geläufigen mehrfarbigen Perlen wurden also auf gleiche Art und Weise gefertigt. Der Färbeprozeß bei den Millefioriperlen verlief hingegen anders. Dies wird
anhand der signifikant niedrigeren Fe20r Werte (ZnO = 2,1-2,7 Gew. %) deutlich. Die
Vergleichswerte für monochrome Perlen liegen bei 1,0 Gew. % ZnO und 5,1-6,7 Gew. %
Fe203' Um den braunen Farbton bei den Millefioriperlen zu erhalten, wurde eventuell
Cuprit beigemengt. Aufällig war außerdem, daß die Glasmasse völlig homogen war,
während bei den monochromen Perlen immer eine hohe Inhomogenität herrschte. Die
Herstellung der Millefioriperlen und der üblichen monochromen und polychromen
Stücke der Merowingerzeit erfolgte also in unterschiedlichen Werkstätten. Die Millefioriperlen müssen daher als Importe angesehen werden.
Untersuchungen
an kupfergefärbten
Perlen
(Orange,
Braun,
Grün)
Grüne, orangefarbene und braune Perlen zeichnen sich dadurch aus, daß oxidierte Metalle oder Legierungen Ausgangsstoffe der Pigmentherstellung
waren. Ihre absichtliche oder unabsichtliche Beimengung wurde anhand der RFA-Meßergebnisse überprüft.
Hierzu wurden die Konzentrationen
an CU/CU20/CUO,
Sn02' ZnO und PbO in
Elementkonzentrationen
umgerechnet und anschließend auf 100 % normiert. An der
Konzentration
wird ersichtlich, inwieweit Elemente bewußt dazugegeben wurden.
Konzentrationen
bis 10% können als zufällig gelten, sind aber gerade bei möglichen
Legierungen zu berücksichtigen.
Interessanterweise sind Zinndioxideinschlüsse
zu finden, die eine Verwendung von
Bronze als Ausgangsmaterial möglich machen. Die Histogramme (Abb.12-14) der Elementkonzentrationen
bestätigen das Bild. Kupfer ist der Hauptbestandteil des Pigments.
Der Eintrag von Zinn und Blei liegt überwiegend im Zufälligkeitsbereich, kann aber
auch durch Beimengung von Bronzen entstanden sein.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß in der Merowingerzeit mit Ausnahme der
relativ seltenen reinen Messingproben kupferhaltige Legierungen zur Pigmentherstellung
eingesetzt wurden. Da Kupfer in allen Oxidationsstufen als Farbpigment genutzt wurde, waren gute empirische Kenntnisse der Beeinflussung der Schmelzatmosphäre (reduzierend oder oxidierend) sowie über die Wirkung interner Reduktionsmittel
nötig.
Untersuchungen
an reliktischen Kupferoxidpartikeln
mit Hilfe des Lichtmikroskops
haben gezeigt, daß offensichtlich ein Gemisch beider Kupfer-Oxide eingesetzt wurde.
Sie sind unter dem Lichtmikroskop voneinander zu unterscheiden, da CU20 gelb bzw.
rot erscheint, während CuO schwarz gefärbt ist. Ein Gemisch dieser beiden Oxide ist
das Produkt einer nicht vollständigen Oxidation von Kupfer.
Die Zusammensetzungen der zur Glasmatrix zugesetzten Komponenten in den orangefarbenen, braunen und grünen Perlen lassen sich auf zweierlei Weise interpretieren:
A: - zur Färbung der orangefarbenen Perlen wurde das Pigment aus einer Cu-Legierung erzeugt, die aus etwa 90 % Cu, 5 % Sn und 5 % Pb besteht,
- zur Färbung der braunen Perlen wurde das Pigment aus einer Cu-Legierung erzeugt, die aus Cu (wahrscheinlich als CU20) und Sn (im Verhältnis 2: 1) besteht;
weiterhin wurden dem System relativ große Mengen an PbO zugesetzt,
- zur Färbung der grünen Perlen wurde das Pigment aus einer Cu-Legierung er-
Produktionsmechanismen
frühmi ttelalterlicher
145
Glasperlen
zeugt, die aus Cu (wahrscheinlich als CuO) und Sn (im Verhältnis 2: 1) besteht (siehe auch braune Perlen); weiterhin wurden dem System große Mengen an PbO (etwas weniger im Vergleich zu den braunen) und zusätzlich Sn02 als Trübungsmittel
zugesetzt.
B: - zur Färbung der orangefarbenen, braunen und grünen Perlen wurde das Pigment
aus einer Cu-Legierung erzeugt, die etwa aus 90 % Cu, 5 % Sn und 5 % Pb besteht,
den braunen Perlen wurde zusätzlich eine relativ große Menge an PbO zugesetzt,
das mit etwa 10% Sn02 verunreinigt war, den grünen Perlen wurde neben dem Oxid
der Cu-Legierung und dem mit Sn02 verunreinigten PbO noch Sn02 als Trübungsmittel zugesetzt.
-
]50ff=;=~~T=T=T=T=
~70
~40H-1-+-+-+-+-+-+-
.1:~60
i30H-~+-+-+-+-+-+-
:I: ~O
:; 50
~20H-1-+-+-+-+-+-
~30
.g 20
] 10 H-+-+-+.1:>
" 0Y=~!!i=d::
10 20 30 40 50 60 70 80 90100
1S 10
"
Abb.12. Histogramme
0
o
10 20 30 ~O 50 60 70 80
Cu [Gew.%)
5
der normierten
Elementkonzentrationen
10 15 20 25 30 35
Sn [Gcw.%)
Pb lGew.%)
bei orangefarbenen
Perlen. Unter absoluter
Häufigkeit ist die Anzahl der Proben zu verstehen.
-
-
~80R==F=r=T=q=9F=r=T=~
.~70 H--+--+-+-+---1I--t-+--H
~90R==r=q==T=9F~~F=~
.!:'J 80
":: 70
=60~_+-+'" -0 1+--+-+~~O~-+-+-
:" 60
:I:
.=
=20
1S 10
10
20
30
40
50
60
" 0
Cu [Gew.%)
Abb. 13. Histogramme
50
~ 40
30
~ 20
=30
.1:>10
20 30 40 50 60 70 80 90 100
'" 0
Pb [Gew.%1
der normierten
Elementkonzentrationen
Häufigkeit
ist die Anzahl der Proben
]30~9F~==F=T=9F~
:!'25 H--+-,; 20 H---+-~ 15H---+--
-=
'0
IOH--+--
10 20 30 40 50 60 70
Sn [Gew.%)
bei braunen
]20
.':!J
'; 15
'":c 10
~
=
'"
.Q
2030.J0506070
" 0
o
Histogramme
GERMANIA 82, 2004
der normierten Elementkonzentrationen
Häufigkeit ist die Anzahl der Proben
10
20
30
40
50
60
Sn lGew.%)
Pb [Gew.%)
Abb.14.
Perlen. Unter absoluter
zu verstehen.
'0 5
E
'"
o
bei grünen
zu verstehen.
Perlen. Unter absoluter
146
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann / Callmer
Zusammenfassung
der Ergebnisse
Eine kontinuierliche Beschreibung der Entwicklung der Glastechnologie von der Antike bis zum hohen Mittelalter scheiterte bislang an fehlenden Werkstattfunden aus der
Merowingerzeit. Zwar konnten keine Ofenbefunde nachgewiesen werden, Hinweise
auf die Produktion des Pigments für gelbe Glasperlen geben aber Tiegelfragmente aus
Dunmisk in Irland, aus Maastricht, Wijnaldum und Rijnsburg in den Niederlanden sowie aus Schleitheim in der Schweiz. Die Entwicklung merowingerzeitlicher Perlen mußte größtenteils durch eine Kombination archäologischer und naturwissenschaftlicher
Forschung erschlossen werden, was das Ziel des Projektes "Herstellungstechniken
und
Herstellungswerkstätten
von frühmittelalterlichen
Glasperlen aufgrund ihrer farbgebenden Komponenten und Mineralien" war.
Für die Herstellung und Verarbeitung von Glas wurden Klassifizierungskriterien
entwickelt: Unter den Werkstätten müssen glasproduzierende
(Typ A) und glasverarbeitende (Typ B) unterschieden werden. Für Typ A sind Hochtemperaturöfen,
für
Typ A und eventuell auch für Typ B Kühlöfen notwendig. Ein Zwischenprodukt
bei
der Herstellung von Soda-Kalk-Gläsern
ist die sogenannte Fritte, die in einem ersten
Aufheizprozeß produziert wird und zur Abtrennung von Verunreinigungen notwendig ist. Altglas, Tiegel und Fehlproduktionen können auf einen Glasherstellungsort hinweisen, lassen sich aber auch beim glasverarbeitenden Gewerbe feststellen.
Mit der RFA durchgeführte Reihenmessungen an 1493 Perlen unterschiedlicher Farbe ergaben lokale Unterschiede bei den für die Färbung der Perlengläser eingesetzten
Komponenten sowie verschiedene Anteile von Basisglas und Farbkomponenten.
Die
unterschiedlich hohen Farbkomponentenanteile
waren schließlich ein Beleg dafür, daß
zumindest das Einfärben des Glases (neben der Perlenherstellung) an verschiedenen
Orten im merowingischen Raum stattfand und die Perlen als Endprodukte keine Importware darstellten. Während für einige Cluster eine überregionale Produktion angenommen werden kann, gilt für die meisten Perlen, daß die Pigmentierung, also die Einfärbung des Glases und die Perlenfertigung selbst in regionalen, teilweise auch in lokalen
Werkstätten erfolgte. Hinweise hierfür gaben auch die Bleiisotopenanalysen
bzw. die
Analysen an braunem Glas bei monochromen Perlen. Im Gegensatz dazu wies das Glas
der Millefioriperlen eine andere Zusammensetzung auf, was den Schluß zuläßt, daß sie
Einfuhrgüter darstellten.
Das Basisglas der merowingerzeitlichen Perlen war wie in der Antike ein Soda-Kalk68 %; Na20 18 %; CaO 8 %. Hier
Glas in der ungefähren Zusammensetzung:
ist also eine Technologiekontinuität
bis in die Merowingerzeit festzustellen. Unterschiede gab es in der Zusammensetzung
der farbgebenden Komponenten, auf deren
Grundlage Glasperlen mit signifikanten Unterscheidungsmerkmalen
zu Clustern zusammengefaßt wurden. Die Perlentypen dieser Cluster können als bestimmte Produktionsgemeinschaften
oder als Rezepte interpretiert werden. Grundlage der Chronologie waren Seriationen von Perlen aus dem südwestdeutschen
Raum, dem Mittelund dem Niederrheingebiet,
an denen sich wiederum die gute Verwertbarkeit von Perlen für chronologische Studien zeigte.
s.o,
Produktionsmechanismen
frühmittelalterlicher
Glasperlen
147
Die Cluster ließen sich in drei Typen untergliedern:
- Perlen überregionaler Verbreitung
- Perlen regionaler Verbreitung
- Perlen lokaler Verbreitung
Zur ersten Gruppe gehören bei Gelb die Cluster 1 und 2 sowie eingeschränkt 3 und
4, bei Weiß Cluster 1 und 2, bei Grün die Cluster 1 als südliche und Cluster 4 als nördliche Komponente, bei Orange die Cluster 1 und 2 und bei Braun ebenfalls die Cluster
1 und 2. Hierbei handelt es sich um Perlen, die nach der chemischen Zusammensetzung in antiker Tradition hergestellt wurden. Dies gilt besonders bei Gelb für Cluster
1 - solche Perlen sind bereits in der Völkerwanderungszeit
zu finden -, aber auch für
Perlen der Cluster 3 und 4, die erst ins fortgeschrittene 6. Jahrhundert datieren. Der
Bleianteil nimmt im Laufe der Zeit zu, wodurch die Möglichkeit bestand, die Ofentemperatur beim Schmelzvorgang herabzusetzen. Darin muß man eine Vereinfachung
der Technologie sehen. Mit der jüngeren Merowingerzeit setzen viele kleinere Produktionsstätten mit begrenztem Absatzkreis ein. In Grab 197 aus Eichstetten deuten Perlen aus verschiedenen Farbgruppen eine Kleiristproduktion
an, die mit antimonkontaminiertem Grundglas vorgenommen wurde. Die Glaszusammensetzung
der Perlen
belegt also eine stärkere Regionalisierung im 7. Jahrhundert.
Eine solche Regionalisierung konnte auch für andere Fundgruppen dieser Zeit nachgewiesen werden. Naturwissenschaftliche
Untersuchungen
von Granaten aus Cloisonnearbeiten zeigen, daß neben indischen und ceylonesischen Edelsteinen ab der
2.Hälfte des 7. Jahrhunderts und im frühen 8. Jahrhundert auch in Böhmen Granate
gewonnen wurden (QUAST/SCHÜSSLER 2000,95; VON FREEDEN 2000). Auch in der
Produktionspalette
der Hohlgläser kann in dieser Zeit eine Abkehr von den einheitlichen römischen Formen festgestellt werden, stattdessen treten andere vielfältige Formen neu auf (ARMBRüsTER 1999).
Die Glaseinfärbung stand in einem engen Verhältnis zu anderen Hochtemperaturtechnologien. Bei weißen Perlen könnte, auch aufgrund des PbO-Gehalts, Weichlot, ein
eutektisches Gemisch aus Sn + Pb, als farbgebende Komponente eingesetzt worden sein.
Die Farben Grün, Orange und Braun wurden maßgeblich durch verschiedene Kupferverbindungen eingefärbt. Bei braunen Perlen konnte aufgrund von Gefügeuntersuchungen nachgewiesen werden, daß das Reduktionsmittel Eisen(II)oxid ursprünglich aus einer Rennofenschlacke stammte. In Wijnaldum wurden Tiegelfragmente mit anhaftendem
gelben Glas zusammen mit anderen Produktions abfällen eines Schmiedes I Bronzegießers
gefunden (SABLEROLLES
1999,264). Bei gelben Perlen wird das Pigment Bleistannat aus
Bleioxid gewonnen, das in großen Mengen bei der Silbergewinnung (Kupellation) anfällt. Ab der jüngeren Merowingerzeit wurden arsen- und antimonhaltige gelbe Perlen
hergestellt, die sich von den anderen auch durch ihre Bleiisotopenverhältnisse absetzen.
Für diese Isotopenverhältnisse ließen sich Parallelen im südlichen Schwarzwald finden;
die gelben Perlen könnten also gute Hinweise auf einen beginnenden Bergbau im südlichen Schwarzwald sein. Die genannten Indizien zeigen eine enge Verbindung von Metallverarbeitung und Glasperlenherstellung, wie sie auch für andere Zeiten und Regionen festgestellt wurde (REHRENI PUSCHI HEROLD 1998). Es ist also davon auszugehen,
daß, die verschiedenen Handwerkszweige zusammen arbeiteten.
GERMANIA 82, 2004
148
Matthes / Heck / Theune / Hoffmann
/ Callmer
Anhang
Liste der Fundorte mit Glasverarbeitungsnachweisen
(nach GÖTZEN 1999 mit Ergänzungen; es wird jeweils nur die jüngste Literatur genannt)
Deutschland:
1. Augsburg-Heilig-Kreuz-Straße
2. Augsburg-St.
Ulrich
24-26
und Afra
3. Bonn-Legionslager
ROTTLOFF 1996, 163.
POHL 1977, 465
H.
STERNINI 1995, 157f.
4.
Goch-Asperden
EBD.157.
5.
Groß-Strömkendorf
JÖNs/LüTH/MüLLER-WILLE
6. Haithabu
1997.
DEKowNA 1990; STEPPUHN 1998.
7. Hambach
59
SEIBEL 1998, 98.
8. Hambach
75
GAITZSCH 1991, 41
GAITZSCH 1994, 93 f.
H.
9.
Hambach
132
10.
Hambach
382
GAITZSCH I KOCH 1983, 149
H.
11.
Hambach
500 (1979)
SCHWELLNUS U. A. 1980,215
ff.
12.
Hochmark
bei Kordel
HAEVERNICK 1972, 211
13. Jülich
H.
STERNINI 1995, 162.
FREMERsDoRF 1965 I 66, 29.
14.
Köln-Am
Hahnentor
15.
Köln-Busbahnhof
16.
Köln-Eigelstein
14
NEU 1980, 224ff.
17.
Köln-Eigelstein
35-39
EBD.224ff.
18.
Köln-Gereonstraße
19.
Köln- Helenenstraße
20.
Köln-Maximinenstraße
EBD.574.
21.
Paderborn
WEDEPOHL/WINKELMANN
22.
Riegel
ASSKAMP 1989, 121 ff.
23.
Sulzburg
MARTIN-KILCHER/MAus/WERTH
24.
Trier-Barbarathermen
GOETHERT-POLASCHEK 1977.
25.
Trier-Liebfrauenstraße
STERNINI 1995, 163.
26.
Trier-Ziegelstraße
STERNINI 1995 Abb. 94; 95.
27.
Worms
GRÜNEWALD 1990,33.
ROTTLÄNDER 1990, 574.
LA BAUME 1980, 186 f.
I St. Apernstraße
ROTTLÄNDER 1990, 574.
IHARTMANN 1997.
1979.
Belgien:
28.
Formathot
CHAMBON I ARBMAN 1952.
29.
Macquenoise
EBD.
Dänemark:
30.
31.
Lundeborg
Ribe
THOMSEN 1995.
BENCARD I J ORGENSEN I MADSE
Frankreich:
32.
Aix-en-Provence
BROMWICH 1993.
33.
Antibes
Foy 1991,66.
34.
Autun-Couhard
35.
Autun-Rue
36.
Bavay
des Pierres
EBD.62.
REBOURG 1989,249
Foy 1991, 58.
H.
1990.
Produktionsmechanismen
frühmittelalterlicher
37.
Bordeaux-Place-Camille-Jullian
EBD.68.
38.
Evans
EBD.67.
EBD.64.
39.
Evreux
40.
Froids-Berthancourt
41.
Gardanne
42.
Gemoneos-Saint-Jean-de-Garduier
Z. A.
43. Jublains-Les
Glasperlen
EBD.65.
C. Notre
Dame
Cuves et la Farciere
Foy 1993, 207 H.
Fov 1991, 65.
EBD.63.
44.
Lavoye- La Clairiere
EBD.65.
45.
Le Mans
EBD.59.
46.
Lyon
47.
Lyon-La
48.
Lyon-Vieille-Monnaie
STERNINI 1995 Abb. 225.
49.
Lyons-La
Foy 1998, 155.
50.
Madranges
EBD.63
51.
Mandeure
EBD.62.
52.
Marlemont
53.
Marseille-La
54.
Marseille-
55.
Marseille-Saint-
56.
Mathey-Les
A TRAVERSLE VERRE 1989, 61 f.
Foy 1991, 58f.
Muette
Foret
CHAMBON / ARBMAN 1952, 201 H.
Fov
Bourse
Mathey-Les
58.
Maubert-
59.
Methamis
1991, 66.
EBD.66.
Le Panier
57.
149
EBD.66.
Laurent
Bouveroyes
Foy 1991, 62.
Oichottes
JEANNIN U.A. 1986, 38H.
CHAMBON / ARBMAN 1952, 201 H.
Fontain
Fov 1991, 65 f.
EBD.64.
60.
Metz
61.
Neris-Les-Bain,
62.
Perpignan
Fov 1991, 68.
63.
Rouen
EBD.63.
64.
Sainte-Menehould
EBD.64.
65.
Saintes- La Fenetre
EBD.58.
66.
Saintes- Rue de la Boule
67.
Saint- Mitre-les- Rempart,
68.
69.
Sanxay
Sorel-Moussel-Fort-Harrouard
EBD.64.
70.
71.
Verriores-Grand
EBD.68f.
DESNoYERS 1982, 60 f.
Chebernes
Champ
Vienne
EBD.58.
Saint- Blaise
EBD.67.
EBD.68.
EBD.64.
72. Vieux-Charmont
A TRAVERSLE VERRE 1989, 54.
73.
Villeneuve-Ies-Maguelcne
Fov u. A. 1990,207.
74.
Viviers
EBD.207.
75.
Voingt
Fov 1991, 60.
Italien:
76.
Rom
STERNINI 1989.
77.
Torcello
LECIEJEWI cz / T ABACZYNSKA/ T ABACZYNSKI1977.
Luxemburg:
78.
METZLER 1995.
Titelberg
Niederlande:
79.
Maastricht-
GERMANIA
J odenstraat
82, 2004
SABLEROLLES/ HENDERSON / DIJKMAN 1997.
150
Matthes I Heck I Theu ne I Hoffmann
I Callmer
80. Maastricht-Marbo
SABLEROLLESI HENDERSON I DIJKMAN 1997.
81.
Nijmegen
ISINGS 1980, 281
82.
Rijnsburg
SABLEROLLES 1999.
83.
Wijndalum
EBD.
H.
Schweden:
84.
CALLMER 1977; CALLMERI
Ähus
HENDERSON 1991.
Schweiz:
Insula
RÜTTI 1991, 163.
85.
Augst-Basilika
86.
Augst- Insula
19
13
87.
Augst-Insula
21, 24, 31, 36, Region
88.
Augst-Insula
22,31,37
RÜTTI 1991, 152.
89.
Augst-Insula
29
90.
Augst- Insula
EBD.152f.
EBD.164ff.
91.
Kaiseraugst-
17B
STERNINI 1995, 194.
92.
Kaiseraugst-Region
17C
RÜTTI 1991, 150ff.
93.
Kaiseraugst-Region
20X
EBD.152.
94.
Avenches
STERNINI 1995, 195 f.
95.
Basel
FELLMANN 1955, 135 f.
96.
Muralto
DONA TI 1983, 120 ff.
97.
Schleitheirn
ALAMANNEN 1997, 318f.
EBD.163.
17
31
Region
SCHMID 1993, 172 f.
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Danksagung
Das Projekt "Herstellungstechniken
und Herstellungswerkstätten
von frühmittelalterlichen
Glasperlen
aufgrund der farbgebenden Komponenten
und Mineralien" wurde von 1996-2000 durch das Bundesministerium
für Bildung,
Wissenschaft,
Forschung
trum Jülich GmbH angesiedelten Schwerpunktes
ten" gefördert. Es sei an dieser Stelle besonders
gedankt.
Besonders
möchten
und Technologie
im Rahmen
des am Forschungszen-
"Einsatz neuer Technologien in den GeisteswissenschafHerrn Dr, H. J. Krebs und Herrn Dr. K.D. Husemann
wir uns auch bei Prof. Dr. G. Fingerlin
(Landesdenkmalamt
Baden-Württem-
berg, Abt. Archäologische Denkmalpflege, Außenstelle Freiburg), Dr. H. Göldner (Landesamt für Denkmalpflege, Abt. Archäologische Denkmalpflege, Darmstadt), Dr. H.-H. Wegener, Dr. A. von Berg (Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz,
Abt. Archäologische Denkmalpflege, Außenstelle Koblenz),
Dr. Ch. Reichmann, Dr. M. Siepen (Museum Burg Linn, Krefeld), Dr. M. Höneisen (Schleitheim), Dr.
W-H. Zimmermann (Niedersächsisches
me und V. Hilberg (Philipps-Universitat
materials
bedanken.
Metallurgical
Spezielle Untersuchungen
Studies, University
Geowissenschaften
Institut für historische Küstenforschung),
Prof. Dr. H.-W. BöhMarburg) für die großzügige Überlassung des reichen Perlen-
College
und Lithosphärenforschung,
Zusammenfassung:
Produktions
verdanken
London),
wir Dr. Th. Rehren
Prof. Dr, U. Haack,
justus- Liebig- Universität
mechanismen
(Institute
for Archaeo-
Dr, J. Schneider
(Institut
f.
Gießen).
frühmittelalterlicher
Glasperlen
Die Untersuchung
liefert einen wichtigen Beitrag zu Fragen der Kontinuität antiker Kulturen im frühen Mittelalter. Antike Traditionen zur Herstellung von Glasperlen lassen sich bis
in die Merowingerzeit
nachweisen. Diese Entwicklung findet jedoch nicht ohne Dynamik
und Innovationen
statt, besonders in der jüngeren Merowingerzeit
sind Veränderungen
zu
erkennen. Seit dem Ende des 6. Jahrhunderts
wurde zunehmend mit neuen Komponenten
gearbeitet, wofür ein Mangel an Soda-Kalk-Glas
die Ursache sein mag. Mit der Einführung
des Kalium-Glases seit der Karolingerzeit werden technische Neuerungen erkennbar, die eventuell auf die Erschließung eigener Ressourcen zurückzuführen
ist. Nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Archäologen und Naturwissenschaftlern
konnten einige bisher
vollkommen unbekannte Hintergründe merowingerzeitlicher
Glasherstellung aufgedeckt werden und eine technologiegeschichtliche
Brücke zwischen der Antike und dem Hohen Mittelalter gebaut werden.
Abstract:
Production
Mechanisms
of Early Medieval Glass Beads
The study provides a noteworthy contribution to the question of the continuity of c1assical
cultures in the early Middle Ages. Evidence of c1assical traditions in the manufacture of glass
beads can be proven as late as the Merovingian period. This development, however, does not
Produktionsmechanismen
frühmittelalterlicher
Glasperlen
157
occur without its own dynamic and innovations; changes are particularly evident in the later
Merovingian period. From the end of the 6th century, new components are increasingly used,
of potashwhich may be the result of a paucity of soda-lime-glass. With the introduction
glass in the Carolingian period, technical innovations become apparent that may eventually
be traced back to the development of local resources. Only the interdisciplinary
co-operation
between archaeologists and natural scientists could discover background aspects of Merovingian glass manufacture that were completely unknown up till now, thus building a technological-historical bridge between classical antiquity and the High Medieval period.
e. M.-S.
Resurne: Mecanisrnes de production
des perles en verre du Haut Moyen-Age
Cette etude livre une contribution
importante sur la question de la continuite des cultures
antiques au Haut Moyen-Age. Pour la fabrication des perles en verre, les traditions antiques
Cette evolution ne se passe cependant pas
sont attestees jusqu'ä la periode merovingienne.
sans dynamique ni innovation. Des transformations
sont particulierernent
visibles a la fin de
la periode merovingienne. Depuis la fin du Vpme siecle, le travail est realise avec un nombre
toujours croissant de nouveaux composants. Ceci pourrait etre du a un manque en soude et
en calcaire. Avec l'introduction
du verre au potassium
l'epoque carolingienne, introduction
eventuellernent
liee a la mise en valeur des ressources propres, les nouveautes techniques
deviennent reconnaissables.
Seule une collaboration interdisciplinaire
entre specialistes de
l' archeologie et des sciences naturelles pouvait permettre de decouvrir les arrieres-plans
jusqu'alors totalement inconnus de la verrerie merovingierme et d'eriger un pont technohistorique entre l' Antiquite et le Haut Moyen-Age.
ä
S. B.
Anschriften der Verfasser:
Johan
Callmer,
Christian
Matthes, Claudia Theune
Humboldt-Universitat zu Berlin
Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte
Hausvogteiplatz 5-7
D-I0117
Berlin
Martin Heck, Peter Hoffmann
Technische Universität Darmstadt
Fachbereich Material- und Geowissenschaften, Chemische Analytik
Petersenstraße 23
D-64287 Darmstadt
Abbildungsnachweis:
Abb.l; 5; 7; 9; 10: K. Ruppel, RGK. - Abb. 2-4; 6; 8; 11-14: Verfasser.
GERMANIA 82, 2004